James Lasdun

Die Jagd auf das Einhorn

Roman
Cover: Die Jagd auf das Einhorn
Carl Hanser Verlag, München 2002
ISBN 9783446202153
Gebunden, 212 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Renate Orth-Guttmann. An einem kleinen amerikanischen College fühlt sich der Dozent Lawrence Miller von einem mysteriösen Doppelgänger verfolgt; in seinem Büro wird nachts der Computer benutzt, seine Frau flieht voller Panik vor ihm. Lawrence nimmt seinerseits die Verfolgung auf - die brillante Studie eines Wahns und zugleich eine postmoderne 'gothic novel'.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.03.2003

Bitte nicht schon wieder ein Campusroman, hat er zu Anfang gestöhnt, gibt unser Rezensent Friedmar Apel zu. Nicht schon wieder ein kastrierter Professor oder eine Studentin mit Brustkrebs! Es kommt anders, gibt Apel Entwarnung, auch wenn der Protagonist ein junger englischer College-Dozent ist, der alle Brücken zu seiner klassenbewussten Heimat abgebrochen hat. Statt irgendwelcher Studentinnen machen ihm nachgelassene Papiere seine Vaters zu schaffen, die von dessen Forschungen zur mittelalterlichen Medizingeschichte berichten. Kleine Vorkommnisse im Büro verdichten sich zu einem bedrohlichen Zusammenhang, berichtet Apel von seiner Lektüre. Mittelalterliches Analogiedenken werde mit modernen Verschwörungstheorien und Wahnsystemen in Zusammenhang gebracht, woraus eine fesselnde Erzählung entstanden sei, in der jedes Element stimmig sei. Der Übersetzerin ist es im übrigen hervorragend gelungen, lobt Apel, diesen kunstvollen und etwas umständlichen englischen Gelehrtenstil, in dem bulgarische Münzen wie die Mythologie des Einhorns oder moderne Stadtlandschaften abgehandelt würden, ins Deutsche zu übertragen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.01.2003

In James Lasduns Roman geht es darum, wie Fremdkörper in das geregelte und "propere" Leben des Universitätsdozenten Lawrence Miller eingehen, berichtet die Rezensentin Angela Schader. Nicht verwunderlich also, dass sich Kafka-Anspielungen im Text fänden. Jeden Morgen, referiert die Rezensentin, findet der Ich-Erzähler Miller in seinem Büro die Spuren eines nächtlichen Besuchers vor, und diese Spuren mehren sich, bis der Fremde regelrecht in Millers Leben eingreift. Im Laufe der durch Millers "diffusen Blick" an den Leser herangetragenen Details wirke der Ich-Erzähler jedoch "immer weniger verlässlich", doch auch das "pfannenfertig" vorgetragene Erklärungsmuster des "Jekyll-and-Hyde-Syndroms" werde alsbald wieder zerschlagen. Durch welchen "metaphysischen Dreh" der Roman zum Ende gelangt, will uns die Rezensentin nicht verraten, nur dass das Einhorn aus dem Titel hierbei eine Rolle spielt. Zwar erschließe dieser Roman keine neuen Tiefen der Erkenntnis, so das Fazit der Rezensentin, aus der Hand legen könne man ihn aber nicht.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.12.2002

James Lasduns Roman, so erklärt Rezensent Kolja Mensing in einer kurzen Rezension, handelt von einem College-Dozenten, dessen politisch korrekte Welt nach und nach aus den Fugen gerät. Dabei mache sich der Autor "zwischen den Postulaten der Dekonstruktion, der Gender Studies und der freiwilligen akademischen Selbstkontrolle" auf die Suche nach dem Unheimlichen. Wie in einem Schauerroman verschwinden Dinge, und am Ende läuft sogar der Frauenheld und Lyriker Bogomil Trumilcik durch das Leben der Hauptfigur. Der Rezensent ist dem Autor dankbar, dass er keine "weitere Political-Correctness-Satire" geschrieben hat, "doch der reflektorische Ernst, mit dem seine Figur sich im diskursiven Netz verfängt, ist ein wenig ermüdend". Zwar berge der "Abschied vom Subjekt" in den neunziger Jahren nicht nur komisches Potenzial, aber "für eine Tragödie - und nichts anderes will Lasdun erzählen - reicht die Fallhöhe nicht".