Roddy Doyle

Jazztime

Roman
Cover: Jazztime
Carl Hanser Verlag, München 2006
ISBN 9783446207141
Gebunden, 480 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Renate Orth-Guttmann. Jazztime erzählt die Geschichte des Revolutionärs und Auftragskillers Henry Smart, der Frau und Tochter in Irland zurücklässt und nach New York flüchtet. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gibt es flotte Frauen, Gefahren, Geschäftsleute mit rüden Methoden - und neue Musik. Smart, gutaussehend, frech und charmant, zynisch, unmoralisch und mit unerschütterlichem Selbstvertrauen ausgestattet, wird von der Mafia aus New York vertrieben und landet im Chicago des Jazz-Zeitalters, wo er sich mit dessen größtem und hellstem Stern anfreundet und hilft, ihn zu beschützen: Louis Armstrong.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.07.2006

Roddy Doyles "Jazztime" hat den Rezensenten Ulrich Sonnenschein offensichtlich enttäuscht. Der Autor hat seinen Helden Henry aus Irland nach dem Amerika der schwarzen Musik geschickt, und im Vergleich mit dem ersten, in Irland spielenden Buch "Henry der Held" hat der Autor viel an Stil verloren. Seine Schreibweise sei in dieser Fortsetzung "löchrig, schlaff und mühevoll" geworden, bedauert der Rezensent. Die "historische Offenbarung", die der Rezensent im ersten Buch von Doyle erlebt hat, findet Sonnenschein in dieser neuen Geschichte nicht. Der Schriftsteller muss gegen die vielen Vorstellungen und Vorkenntnisse über den Jazz und die Prohibitionszeit der Leser konkurrieren, meint der Rezensent und kann diesen leider keine neuen Details oder Sichtweisen hinzufügen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.03.2006

Die letzten vierzig Seiten hauen es raus, frohlockt Rezensent Friedhelm Ratjen. Nachdem Roddy Doyle seinen Gangster- und Frauenhelden nach stets gleichem Muster mehrfach von New York nach Chicago und zurück manövriert habe, warteten hier die "suggestiv, ja ergreifend" erzählten letzten 15 Lebensjahre des Helden auf Leser mit Ausdauer. Was Roddy Doyle aber durchweg meisterhaft beherrsche, seien Dialoge, und in diesem Buch erstmals auch Beschreibungen von Szenerien. Die Figuren dagegen seien derartige "Abziehbilder", dass es nicht einmal mehr lustig sei. Eine Art eigener Essay, wechselt Ratjen von Tadel zu Lob, bilde der Teil, in dem Doyles Held als "weiße Haut" und Türöffner für Louis Armstrong arbeite. Das sei "packend" gemacht, wenn auch musikhistorisch nicht immer korrekt. Mit einem leichten Seufzer vermisst der Rezensent zuletzt noch eine Tugend aus Doyles vorherigem Roman "Henry der Held". Dort habe der Autor beispielsweise den Mythos des irischen Unabhängigkeitskrieges demontiert, während er nun die Mafia und Armstrong völlig unangetastet auf dem Sockel thronen lasse.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2006

Kaum ein lobendes Wort findet Thomas Steinfeld für den neuen Roman von Roddy Doyle und eigentlich hat es sich der Autor schon auf den ersten Seiten mit dem Rezensenten verdorben. Denn "ganz und gar unangemessen" findet Steinfeld, wenn ein Autor über seine Hauptfigur erzählt, er sei ein "attraktiver Mann", wie es Doyle zu Anfang seiner Geschichte über Henry tut, der aus Irland fliehen muss und sich in Amerika durchschlägt, mal als Verbrecher mal als Louis Armstrongs Begleiter. In Hinsicht auf die Stoffmassen handelt es sich bei "Jazztime" um ein "großes Buch", denn es lässt die "einschlägigen" Personen und Orte des letzten Jahrhunderts auftreten, das macht es aber zum Bedauern des Rezensenten auch nicht besser. Der irische Autor evoziere mehr, als dass er wirklich erzähle, und so schildert der Roman nicht "Wirklichkeit", sondern wird zum "Genre", moniert Steinfeld weiter. Ihm gehen auch die gewollt "lakonischen Dialoge" mächtig auf die Nerven, in denen sich die Protagonisten mittels Ein-Wort-Bemerkungen austauschen, zumal verwirrender Weise alle der Figuren so sprechen, wie der Rezensent moniert. Der ganze Roman wird ihm so mit wenigen Ausnahmen, in denen Doyle dann doch mal so etwas wie lebendiges Erzählen zustande bringt, zum "gesampleten Sound", zur reinen "Konserve", der er nichts abgewinnen kann.
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