Jakob Ejersbo

Nordkraft

Roman
Cover: Nordkraft
DuMont Verlag, Köln 2004
ISBN 9783832178444
Gebunden, 537 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Aus dem Dänischen von Sigrid Engeler. "Nordkraft" erzählt mitreißend von den Kindern der 68er-Generation, die in den 90er Jahren eigentlich hätten erwachsen werden sollen, aber sich selbst aus dem Leben in eine Drogenumlaufbahn katapultierten: lauter angeknackste aber liebenswerte Existenzen - ob es die junge Maria ist, die von der Flucht aus dem Elternhaus und von ihrem Zusammenleben mit dem Dealer Ansger berührend erzählt, ob Allan, der Maschinenschlosser, der nach einer dramatischen Katastrophe auf einem Öltanker für immer gezeichnet überlebt und einen Neuanfang mit den alten Freunden im Dealermilieu versucht, oder Steso mit dem stechenden Blick, der den Rausch zum Lebenszweck gemacht hat und eines Tages von seinen Eltern tot im Wohnzimmer gefunden wird - die Menschen in Nordkraft kämpfen trotzig um ein Stück Glück im Leben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.09.2004

Mit diesem Roman, so der Rezensent Christoph Haas, ist Jakob Ejersbo seinem Beruf als Journalist treu geblieben: eine durchaus zweischneidig gemeinte Bemerkung, denn einerseits lasse Ejersbos Geschichte um den Versuch eines ehemaligen Drogenabhängigen, in die Normalität zurückzukehren, keinen Zweifel daran, dass der Autor "gründlich recherchiert" habe, andererseits jedoch ergebe sich aus dieser Recherchearbeit eine "Stofffülle", der der Autor erzähltechnisch nicht gewachsen sei. Dafür mangele es ihm an "Gespür dafür, das anekdotische Detail mit dem großen Ganzen in Relation zu setzen". Auffallend findet der Rezensent auch die stark "moralische" Ausrichtung, die Ejersbo seinem Roman verleiht. Nicht nur, dass Drogen als Ausflucht aus einer als "haltlos" empfundenen Welt stigmatisiert und die "stabile Zweierbeziehung" nebst Familiengründung als Rettung hochgehalten werden - wenn man genau hinschaue, bemerke man, dass kein einziger der dargestellten Räusche "euphorisch" sei, sondern "stets latent unangenehm, bedrohlich". Durch diesen durchaus gewollten, "didaktischen Einschlag" gerate jedoch die "literarische Kraft" ins Hintertreffen. Interessant und "fesselnd" werde der Roman allerdings, sobald Ejersbo "vorführt, wie eine Subkultur soziale Zwänge nicht aufhebt, sondern in veränderter Gestalt reproduziert". Dann habe der Leser sofort das Gefühl, etwas wirklich Neues über das Menschsein zu erfahren.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.08.2004

Nicht misslungen, mit guten erzählerischen Ideen, aber im Ganzen dann doch enttäuschend, befindet Anna Katharina Dömling zu diesem Roman. Jakob Ejersbo widme sich einer einer dänischen "Lost Generation" Anfang der Neunziger: eine Gruppe von Pushern und Dealern, die sich perspektivlos durch die Szenen und die Orte der Nacht treiben lassen. Die Erzählung ist in mehrere Perspektiven zergliedert, weshalb sich der Leser sein Bild von den Mitgliedern der Gruppe selbst zusammensetzen muss - gut gemacht, findet die Rezensentin, doch leider schließe Ejersbo am Ende alle Lücken. Recht konventionell also, und von geringer emotionaler und soziologischer Schärfe, weshalb die Rezensentin den Vergleich mit Michel Houellebecq, zu dem sich der Verlag hinreißen ließ, zurückweist. Ein bisschen Irvine Welsh vielleicht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.06.2004

Der Rezensent Christoph Schröder warnt explizit vor dem Klappentext, der den poteniellen Leser dieses Buches seiner Meinung nach völlig auf die falsche Fährte lockt. Die Realität des Romans ist in seinen Augen viel besser, als die schlimmen Erwartungen, die bei solch oberflächlicher Betrachtung geweckt werden. Das Buch sei ein Drogenroman mit Überschriften aus Popsong-Zitaten, doch auch davon darf sich der Leser seiner Meinung nach nicht abschrecken lassen, denn es ist "kein realistisches, sondern ein in seinen besten Passagen poetisches, komplex gebautes Buch, das bei aller Drastik der äußeren Umstände von den wirklich wichtigen Dingen in kreisender Bewegung, mit Behutsamkeit und einer untergründigen Zartheit erzählt". Mit Skandinavien-Romantik wird in der Erzählung um eine Gruppe Jung-Erwachsener, die in 1968er sozialisierten Elternhaushalten nicht richtig aufgehoben waren und beachtliche Drogenkarrieren hingelegt haben, jedenfalls recht konsequent aufgeräumt. Auch die Dramaturgie des Buches, der "radikale Bruch" zwischen den Kapiteln, gefällt dem Rezensenten gut.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.04.2004

Martin Zähringer hat Freude an diesem "Aalborg-Provinz-Kiffer-Generationenroman" des dänischen Autors Jakob Ejersbo, in dem es nach Meinung des Rezensenten "hauptsächlich um die Rückseite der Idyllen" geht. Die "Gesamtkonzeption" des Romans gefällt ihm und sorgt für die richtige Dramaturgie - nur was Zähringer mit dem "bekanntermaßen schwer zu greifenden Flimmerphänomen der Szene" meint, das dem Autor offenbar einzufangen gelingt, bleibt etwas undurchsichtig. Auf jeden Fall ist der Roman in seiner Heimat sehr gut angekommen, die Verfilmung wird schon geplant. Den Subtext der Erzählung entdeckt der Rezensent in einem "Abgesang auf den alternativen Generationenvertrag", denn das "Hintergrundrauschen der dänischen Gesellschaft" bilden in Ejerbos Roman die Familienstrukturen, die die 1968er hinterlassen haben. Nur die deutsche Übersetzung gefällt dem Rezensenten nicht so richtig - die findet er einfach "teilweise zu mild".
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