Irmgard Keun

Das kunstseidene Mädchen

Roman
Cover: Das kunstseidene Mädchen
Claassen Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783546003797
Gebunden, 304 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Nach dem Erstdruck von 1932. Doris will alles vom Leben. Sie will tanzen, fliegen, will als "Glanz" leuchten im schnellen, funkelnden Berlin. In einem gestohlenen Pelzmantel reist sie in die verheißungsvolle Stadt der Illusionen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.01.2006

Stürmisch begrüßt Rezensent Frank Schäfer diese Neuauflage von Irmgard Keuns "Kunstseidenem Mädchen" nach dem Erstdruck von 1932. Nachdem er zunächst das Schicksal des Romans und seiner Autorin rekapituliert hat (Erklärung zur "Asphaltliteratur" durch die Nazis, Flucht in die Niederlande, Rückkehr nach Deutschland vor Kriegsende, Veröffentlichung der "zensierten", "geglätteten" Fassung 1951), verkündet der Rezensent voller Freude: "Nun kann man das Original wieder lesen - und sollte das tun." Denn "Das kunstseidene Mädchen" hat so einiges zu bieten. Es beschreibt einen "neuen Phänotyp", der nicht nur als Illustration der Thesen Kracauers vom neuen gesellschaftlichen Typus des Angestellten gelten kann, sondern auch ein "neues weibliches Rollenmodell" schafft, das den "konservativen Kerlen" ordentlich einheizt und das sogar soziale Unterschiede durch Verführungskraft - wenn auch nur vorübergehend - zu sprengen vermag. Allen voran ist es Keuns "eruptiver, vom Expressionismus beeinflusster Staccato- Stil", der beim Rezensenten Anklang findet. In der Tat stellt das Berlin der Zwanziger Jahre und seine verwirrende Rasanz eine erzählerische und stilistische Herausforderung dar, merkt der Rezensent an: "Alles will schnell mit stenografiert sein, und so sind diese Sätze notwendig kaputt." Keun gelinge es, den Wunsch ihrer Protagonistin Doris umzusetzten, die einmal sagt, sie wolle "schreiben wie Film". Doris Blick, so der begeisterte Rezensent, wirkt wie eine "Handkamera" und ihre Sprache, etwa wenn sie ihrem blinden Nachbarn von draußen erzählt, wie eine "hyperwache, alles erfassende Ekstase".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.05.2005

Rezensent Oliver Pfohlmann ist begeistert von diesem nun endlich wieder in der Orginalfassung aufgelegten desillusionierende Zeitroman aus den frühen dreißiger Jahren. In der gesamten Nachkriegszeit, bis heute, zum 100. Geburtstag der Autorin, wurde das Buch in einer entschärften Form verlegt, erinnert Phohlmann, auch der Bewusstseinsstrom seiner Protagonistin, einer jungen Frau auf der Suche nach dem Glück in der großen Stadt, wurde grammatikalisch gerade gebogen. Nach Pfohlmanns Meinung ist dieses Buch eine "großartige literarische Parallelaktion zu Siegfried Kracauers Gesellschaftsanalysen", die mit "harten Schnitten, Montagen und Überblendungen" arbeitet. Angereichert ist diese Neuauflage mit einem "klugen Nachwort" und informativen Materialien, zum Beispiel "Dokumenten der kontroversen zeitgenössischen Rezeption".
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