Gunnar Gunnarsson

Schwarze Vögel

Roman
Cover: Schwarze Vögel
Reclam Verlag, Stuttgart 2009
ISBN 9783150106839
Gebunden, 304 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Übersetzung nach der dänischen Erstausgabe unter Berücksichtigung der vom Autor hergestellten isländischen Fassung und mit einem Nachwort von Karl-Ludwig Wetzig. Im Jahr 1802 war in den Westfjorden ein ehebrecherisches Paar in einem Indizienprozess zum Tod verurteilt worden, weil man zu wissen glaubte, dass sie gemeinschaftlich die jeweiligen Ehegatten aus dem Weg geräumt hätten. Gunnar Gunnarsson studierte die Akten des dramatischen Prozesses in Kopenhagen, bevor er die Arbeit an seinem stilistisch anspruchsvollen und raffiniert gebauten Roman aufnahm. Sein Erzähler, der örtliche Kaplan, der als Seelsorger und Belastungszeuge zugleich in einem doppelten Spiel mit den Angeklagten gefangen ist, erkennt im Rückblick, wie haarfein und brüchig die Trennlinie zwischen Recht und Unrecht, Opfer und Täter sein kann und wie sehr er sich selbst auch früher schon in Schuld verstrickt hat; nur büßen müssen die Anderen. Oder büßt er auf andere Weise? "Als die Verurteilten hinausgeführt waren, ging ich zu Richter Scheving. 'Jetzt haben auch wir getötet', sagte ich. 'Menschenopfer wird es zu allen Zeiten geben', lächelte er nachsichtig zurück, 'in der einen oder anderen Form'."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.01.2010

Freudig begrüßt Ulrich Baron diese "glänzende" Neuübersetzung des Island-Krimis von 1929, die wohl auch den Versuch unternimmt, den nach 1933 als "Vorzeigenordländer" oft im engeren Dunstkreis der NS-Kulturpolitik herumgereichten Autor vom Stigma des Verräters und Nazisympathisanten zu befreien. So liest der Kritiker auch das "instruktive Nachwort" des Übersetzers mit Interesse, der sich dort Baron zufolge um eine differenzierte Darstellung des Falls bemüht. Auch der Roman selbst betreibt, wie man liest, so etwas wie die Revision eines Mordfalls, den dieser Roman wie einen Courtroom-Thriller präsentiere und dessen existenzielle, ins Religiöse greifende Wucht den Kritiker auch achtzig Jahre nach seinem ersten Erscheinen immer noch sehr beeindrucken kann.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.12.2009

Hocherfreut ist Rezensent Peter Urban-Halle über diese Neuübersetzung der Kriminalerzählung "Schwarze Vögel" des isländischen Schriftstellers Gunnar Gunnarssons (1889-1975). Er liest die Geschichte um Mord und Ehebruch - es handelt sich um einen historischen Kriminalfall von 1802 - als Tragödie, bei der "Schuld und Recht" kaum zu unterscheiden seien. Packend findet er die "dramatische" Schilderung der Gerichtsverhandlung, die zwei Drittel des Buchs ausmacht. Hier hebt er besonders die Zeichnung der in den Fall verwickelten verschiedenen Charaktere hervor, etwa des zynischen Richters, der beiden Angeklagten, des Erzählers. Mit Lob bedenkt er die Übersetzung von Karl-Ludwig Wetzig, der dem Buch sein "Urgrund-Pathos" belassen habe. Urban-Halles Fazit: "ein großer Roman: mit dem schicksalhaften Pathos der Zeit, aber auch mit einer ganz sonderbar gezügelten Dramatik."