Gerald Murnane

Grenzbezirke

Roman
Cover: Grenzbezirke
Suhrkamp Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783518225073
Gebunden, 231 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Rainer G. Schmidt. Ein alter Mann zieht aus der Hauptstadt in eine entlegene Ortschaft im Grenzland, dort will er die letzten Jahre verbringen. Welche geistigen Eindrücke bleiben, fragt er, aus einem Leben, das der Betrachtung gewidmet war und dem Lesen? Die sehnsüchtige Anmutung einer dunkelhaarigen Frau? Der Familiensitz in einer kargen Landschaft? Die gelenkige Schönheit eines gewissen Rennpferdes? Die Farbigkeit durchscheinender Glasfenster? Eine Zeile Proust? Und so beginnt der Mann, im Zwielicht seiner Tage, diesen seinen Schatz zu katalogisieren, kaum ahnend, wohin sein "Bericht" ihn führen wird und welche Geheimnisse dabei ans Licht kommen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.02.2019

Uwe Ebbinghaus ist erstaunt angesichts der Prosa des australischen Eremiten Gerald Murnane. Wie farblos erscheinen ihm plötzlich die Bücher anderer Autoren, stellt er sie neben Murnanes Abschweifungs- und Assoziationsfeuerwerk! Dass Murnane von der Erinnerung an eine Murmel zu der einer ganzen Kindheit gelangt, erinnert Ebbinghaus an Proust. Die Alltäglichkeiten im Text nehmen derart an Bedeutung zu, erklärt er, dass der Leser schnell erschöpft wird, allerdings auf angenehme Weise, und das Buch so bald wie möglich wieder vornimmt, auch wenn es nicht gerade vor Pointen oder Erkenntnissen strotzt. Ein äußerst menschlicher Gedankenstrom, findet Ebbinghaus.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 16.02.2019

Dorothea Dieckmann legt sich für den australischen Autor Gerald Murnane ins Zeug, der in Australien erst spät, hierzulande nur ansatzweise entdeckt wurde. Murnane führt ein zurückgezogenes Leben, weiß Dieckmann, er reist kaum, fliegt nicht. Aber er hegt eine Obsession für Pferderennen, die auch in seinem neuen Buch "Grenzbezirke" eine große Rolle spielen. So viel kann Dieckmann immerhin über den Inhalt des Buches sagen, denn Murnane entwerfe eher eine "geistige Bildwelt", als dass er im konventionellen Sinne erzähle, erklärt die Rezensentin: Leitmotive, Bilder und Wahrnehmungen verbinden sich in Murnanes Literatur zu einem fiktionalen Universum, in dem Wirklichkeit und Möglichkeit zusammenfallen. Für die Rezensentin ist das nicht weniger als die "Neuerfindung des Erzählens".

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 12.01.2019

Richard Kämmerlings folgt dem australischen Schriftsteller Gerald Murnane auf einem von Lichtmetaphysik geprägten Erinnerungsparcours. Als Erbe Prousts erweist sich der Autor dabei für Kämmerlings, wenn er sich, inspiriert von leuchtenden Farben, achronologisch durch sein Leben memoriert. Ob das so willkürlich gemacht ist, wie es scheint, bezweifelt Kämmerlings zwar, bewundert jedoch Murnanes genaue, dichte Prosa, in der Kindheitserinnerungen, Lektüren und Personen heraufbeschworen werden.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.01.2019

Angela Schader dringt in den innersten Seelenraum von Gerald Murnane vor mit diesem Buch. So fremdartig und intim ihr der Text erscheint, den sie lieber nicht als Roman bezeichnen möchte, so stark zieht er sie hinein mit Wiederholungen und Präzisierungen, mit Stille, Farbe, Licht und einem assoziierenden Fortschreiten. Kein süffiges Erzählen, sondern der Sog in eine Bildwelt, die für Schader das eigentliche Thema des Buches ist, neben Motivkreisen wie Religion, Literatur und Musik und einer darin versteckten Poetologie des Werks.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 10.01.2019

Rezensentin Meike Feßmann hält Gerald Murnanes "Grenzbezirke" für das Alterswerk eines prinzipientreuen Autors, der sich Zeit seines Lebens dem Reisen und den elektronischen Medien versagte, um sich ganz auf die Bildwelt in seinem Kopf konzentrieren zu können, die denn auch in diesem neuen Roman wieder Dreh- und Angelpunkt sei. Laut Kritikerin drehen sich die Beobachtungen in diesem "Bericht", wie der Autor selbst sein Buch nennt, um die Frage, wie Erlebnisse mit Bedeutung aufgeladen werden, nachdem sie jeglichem religiösen Fundament entzogen wurden. Nebenbei hat Murnane damit bedingungslos die Subjektivität gefeiert, meint die faszinierte Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.11.2018

Gegen den Literaturnobelpreis für den knapp achtzigjährigen, zurückgezogen lebenden australischen Schriftsteller Gerald Murnane hätte Rezensent Jörg Magenau nichts einzuwenden. Vorerst hofft der Kritiker allerdings, dass Murnane mit seinem zweiten auf Deutsch erschienenen Roman auch hierzulande größere Bekanntheit erhält. Die Geschichte um einen Mittsechziger, der seinen Lebensbericht niederschreibt, von religiösen Erfahrungen, Glaubensverlust, Lektüren, Moral und Ästhetik erzählt, besticht zwar nicht durch die Story, dafür umso mehr durch leuchtende Details, Unschärfen und die außergewöhnliche Wahrnehmung des Erzählers, erklärt der Rezensent. Wenn Murnane seinen Text aus funkelnden Gedankenpunkten und Farbspielen zusammensetzt, dabei in "kristallklarer", von Rainer G. Schmidt glänzend übersetzter Sprache schreibt, hat der Kritiker das Gefühl, Bildern zu folgen, die sich so verhalten wie die "Atomteilchen nach der Unschärferelation Heisenbergs".
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