Friederike Mayröcker

Requiem für Ernst Jandl

Cover: Requiem für Ernst Jandl
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783518412169
Kartoniert, 48 Seiten, 12,27 EUR

Klappentext

Ein halbes Jahrhundert gemeinsamen Lebens, und das hieß ganz selbstverständlich auch: gemeinsamer literarischer Arbeit, verband und verbindet Friederike Mayröcker und Ernst Jandl. Unmittelbar nach dem Tod des Gefährten im Frühsommer des Jahres 2000 hat Friederike Mayröcker den Schmerz des Verlustes in einer Todesklage zu bewältigen versucht. Sie ruft Erinnerungen an Erlebnisse der gemeinsamen Jahre auf, macht sich Offengebliebenes jäh bewusst, liest Jandls Texte neu. Vor einer plötzlichen und existentiellen Leere erschreckend, fragt sie nach Möglichkeiten und Weisen des Weiterlebens und -arbeitens und hört nicht auf, zu einem Gegenüber zu sprechen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.04.2001

Mit großer Empathie, mit viel Sympathie auch für die beiden Autoren widmet sich Jörg Drews Jandls "Letzten Gedichten" und Friederike Mayröckers "Requiem für Ernst Jandl".
1) Ernst Jandl: "Letzte Gedichte"
Den Autor beschreibt Drews als intellektuellen Melancholiker. So "total", wie der Rezensent die Desillusioniertheit Jandls sehen will, scheint sie indessen nicht zu sein. Zu einer "unbeugsamen Intention auf Wahrheit" und zu "hemmungslosem Spott", wenn auch gegen sich selbst, reicht es auch in den nun vorliegenden, von Drews empfohlenen "Letzten Gedichten" noch allemal. Ebenso ist Jandls Formen-Anarchismus, den Drews so gutheißt, ganz genau - eine "wütende Zerplitterung", mitnichten also Ausdruck von Resignation. Bleibt noch ein Wort an den Herausgeber. Von dem hätte sich der Rezensent doch mehr erwartet: über Lesarten, Textgrundlagen und Auswahlprinzipien.
2) Friederike Mayröcker: "Requiem für Ernst Jandl"
Die beiden hier versammelten Prosastücke, schreibt Drews, ergeben sich ganz dem Ungetröstetsein nach dem Verlust des geliebten Menschen. Und obwohl sich der Rezensent bisweilen geniert hat, sich für das Leben und die Liebe zweier Menschen zu interessieren und es lesend mitzuvollziehen - als zur Kunstform erhobene grüblerische Gedankenflucht, der die "Rituale und Selbstbetrügereien, mit denen man den Schmerz dämpft", eingeschrieben sind, erscheint ihm das Buch kostbar.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.04.2001

Paul Jandl erzählt in seiner Rezension ausführlich vom Leben Friederike Mayröckers und Ernst Jandls, über ihre Gewohnheiten und ihre Beziehung zueinander, bevor er mit wenigen Worten schließlich auf das vorliegende Buch zu sprechen kommt bzw. daraus zitiert. Der Rezensent enthält sich einer Bewertung dieses Buchs, sondern erläutert lediglich, dass in diesem "Requiem" vor allem die Orte, die Mayröcker und Jandl gemeinsam besucht haben, hier eine wesentliche Rolle spielen: "Grado oder Meran, der Attersee", Sommerferien auf dem Land, Mayröcker und Jandl auf Balkonen und Wiesen - "Momentaufnahmen des Erlebten", wie der Rezensent dies nennt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.04.2001

In ihrer kurzen Besprechung stellt Elke Schmitter fest, dass selbst eine "Virtuosin der Erfindung" wie Friederike Mayröcker bei ihrer Totenklage um Ernst Jandl der europäischen Tradition verpflichtet bleibt: Wehmut und Bedauern spreche aus ihren Worten, selbst Gott fehlt nicht, wenn er auch nach Schmitters Ansicht eher eine semantische Erinnerung bleibt. So findet Schmitter in dem Requiem auch keinen "Trost der Transzendenz". Es sei eher ein "fortwährendes Weiterreden" in der "nicht aussprechbaren Hoffnung, der andere würde es hören". Am Ende steht ein Zitat von Mayröcker, das nichts zeigt als einen Mann und eine Frau zusammen: 'in der Küche stehn wir beide / rühren in dem leeren Topf / schauen aus dem Fenster beide / haben 1 Gedicht im Kopf'.