Ford Madox Ford

Keine Paraden mehr

Roman
Cover: Keine Paraden mehr
Eichborn Verlag, Berlin 2004
ISBN 9783821807119
Gebunden, 336 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Joachim Utz. Der friedliebende englische Gentleman Christopher Tietjens ist vor dem Ehezwist mit seiner Frau in die Schützengräben Frankreichs geflohen, wo ein unbarmherziger Stellungskrieg zwischen den Allierten und den Deutschen tobt. Doch auch hier hat Tietjens keine Ruhe: Gerade ist er vom Fronteinsatz in die zweite Linie zurückgekehrt, landet Sylvia ist in Frankreich und überzieht ihren Mann mit einem Sperrfeuer von Verleumdungen und Unterstellungen. Tietjens Vorgesetzter kann einen Skandal nur dadurch verhindern, dass er ihn erneut in die vordersten Einsatzlinien schickt ...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.04.2005

Rezensent Ulrich Sonnenschein wundert sich schon, dass Ford Madox Ford nie den großen literarischen Ruhm eingeheimst hat, obwohl er auf vielen Listen der wichtigsten Autoren seiner Zeit zu finden ist. Sein jetzt nach 80 Jahren in neuer Übersetzung wieder aufgelegter Roman "Keine Paraden mehr", Teil zwei einer Trilogie, ist ein anschauliches Beispiel dafür, was den Autoren inhaltlich umtrieb: "der Zerfall der viktorianischen Gesellschaft zu Zeiten des Krieges". Im wesentlichen geht es in dieser Geschichte um Krieg und Frauen. Der Roman ist ein "expressionistisches Sprachkunstwerk", das ohne die "Galanterie" auskommt, die den Gesellschaftsroman des 19. Jahrhunderts ausmachte: Interessanter noch als den Inhalt der Geschichte findet Sonnenschein jedoch den Stil, dessen der Autor sich bedient: "Orientierungslosigkeit in Gesellschaft und Armee, Misswirtschaft und die veraltete Rang- und Namensgläubigkeit, schildert Ford in fragmentierten Dialogen oder Monologen, von denen eine zerstörerische Kraft ausgeht". Diesen Ansatz hat er zwar nach Meinung des Rezensenten nicht so konsequent durchgesetzt, wie manche seiner modernistischen Zeitgenossen. Nichtsdestotrotz "gibt es wenige Zeugnisse vom ersten Weltkrieg, die sich so überzeugend der literarischen Methoden ihrer Zeit bedienen."

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.01.2005

Maik Söhler rückt Ford Madox Ford nach der Lektüre des zweiten Teils seiner Roman-Tretralogie in die Nähe von Karl Kraus. Auch wenn der Soldat im Ersten Weltkrieg, Christopher Tietjens, anlässlich eines Frontbesuchs seiner Frau in den Krieg als ehrenvolles Unternehmen flüchtet, und damit Ford in die Nähe Ernst Jüngers kommt, bleibt die Kritik am Krieg dominant, meint Söhler. Er sieht in Ford deshalb sogar die "englische Entsprechung" des Wiener Sprach- und Gesellschaftskritikers Kraus. In seinen Helden hat der Autor zahlreiche Widersprüche eingebaut, wie der Rezensent notiert; Tietjens ist "unnationalistischer Tory", "weltläufiger Traditionalist" und "kultivierter Simpel" zugleich. Söhler fühlt sich an die aktuelle Sprachschöpfung vom "mitfühlenden Konservativen" erinnert, muss aber eingestehen. "Wenn der Begriff Sinn macht, dann hier."