Clemens Meyer

Im Stein

Roman
Cover: Im Stein
S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2013
ISBN 9783100486028
Gebunden, 560 Seiten, 22,99 EUR

Klappentext

Ein vielstimmiger Gesang der Nacht: Prostituierte, Engel und Geschäftsmänner kämpfen um Geld und Macht und ihre Träume. Eine junge Frau steht am Fenster, schaut in den Abendhimmel, im Januar laufen die Geschäfte nicht, die Gedanken tanzen ihn ihrem Kopf. "Der Pferdemann", der alte Jockey, sucht seine Tochter. "Der Bielefelder" rollt mit neuen Geschäftskonzepten den Markt auf, investiert in Clubs und Eroscenter. "AK 47" liegt angeschossen auf dem Asphalt. Clemens Meyer schreibt von den Menschen, den Nachtgestalten, von ihrem Aufstieg und Fall, vom Schmutz der Straße und dem Fluss des Geldes. Er erzählt die Geschichte einer Stadt, die zum Epochen-Roman unserer Zeit wird.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.10.2013

Clemens Meyers neuer Roman "Im Stein" ist zwar ein ziemlich sperriger Klotz, findet Rainer Moritz, aber einer, der das Lesen lohnt. Schon Meyers letzter Roman wurde gefeiert, weil er der Kritikerlandschaft ein authentisches, verlottertes Milieu präsentiert hat, dass nicht weiter von alternden Intellektuellen und Bankern auf dem hybrischen Höhenflug entfernt sein könnte, berichtet der Rezensent. In seinem neuen Roman wiederholt Meyer den Drill, diesmal geht es ins Rotlichtviertel Leipzigs, dessen Entwicklung über die letzten drei Jahrzehnte ganz nebenbei dargestellt wird, fasst Moritz zusammen. Die Programmerweiterungen um Natursekt und Fisting gehört genauso dazu, wie die geschäftsgefährdende Flut von Billignutten aus dem Osten, Meyer präsentiert die "Sexarbeit als konsequent betriebenen Wirtschaftszweig", erklärt der Rezensent. Bücher wie dieses sind zwar nicht gefällig, aber das müssen sie auch nicht sein, findet Moritz, und bereichernd sei Meyers Buch trotz gelegentlicher Durststrecken in jedem Fall.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 03.09.2013

Clemens Meyer ist der Erzähler der Stunde, weiß Jürgen Verdofsky, die "wirklichkeitssüchtige" Kritik kann an ihm gar nicht vorbei. Und trotzdem findet auch Verdofsky diesen Roman aus dem sächsischen Sumpf einfach grandios. Immobilien-Tycoons, Rotlichtkrieger, Hooligans und minderjährige Huren bevölkern diese Welt, das Geld und die Macht fließen in alle Richtungen, nur nicht nach unten. Besonders beeindruckt hat den Rezensenten aber nicht nur dieses Übermaß an Wirklichkeit, aus der er mitunter echte Erfahrung hört ("Chaos ist der Feind des Geschäfts und nutzt nur dem, der übernehmen will"), sondern auch die Zartheit, mit der Meyer die Huren zu Wort kommen lässt. Hier bewege sich der Erzähler mit der ansonsten kräftigen Stimme wie auf Zehenspitzen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.08.2013

Ein Buch "der Sehnsüchte, des kippenden Bewusstseins, des Kontrollverlustes" hat Ina Hartwig mit Clemens Meyers neuem, seinem zweiten Roman nach dem gefeierten Debüt "Als wir träumten" gelesen. Hartwigs Rezension folgt den vielfältigen Verästelungen dieses Romans über die Prostitution in einer zwar namenlosen, von Hartwig aber eindeutig als Leipzig identifizierten Stadt. Wie in einem Spiegelkabinett verlor Hartwig auch in diesem Buch mitunter die Orientierung, was auch an der hektischen, rasanten Erzählweise liegt, die einen festen Ort offenbar nicht zu kennen scheint und auch vor einem Blick in labyrinthische Katakomben unter der Stadt, von denen die wenigsten wissen, nicht halt macht. Ein wissenspralles Buch, nennt es die Rezensentin, das sich tatsächlich mit Hubert Fichtes Arbeiten zur Prostitution in St. Pauli messen kann, beziehungsweise zu diesen sogar anhand eingestreuter Bezugnahmen ausgewiesene Korrespondenzen unterhält. Beglückt taumelt sie aus dieser Welt, die Meyer böse und doch "wunderschön" schildert, ohne sich irgendwelcher Illusionen hinzugeben.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.08.2013

Kein Vergnügen hatte Lena Bopp beim Lesen von Clemens Meyers neuem Roman. Aber für ein sehr gutes Buch hält sie ihn dennoch. Für Bopp, die auf die bei diesem Autor üblichen Authentizitätsfragen wenig gibt, liegt das an Meyers Faible für literaturfremde Figuren und Milieus, an dem Wissen um den Hiat zwischen banalen Kapitalismusrealitäten und Sehnsucht sowie an dem alle Chronologie sprengenden Stimmenchor, den der um eine leere Mitte fließende Bewusstseinstrom seiner vielen Gestalten anstimmt. Prostituierte, Dealer, Freier, Immobilienmacker, Kommissare, sie alle sieht Bopp von Meyer gut ins Licht gesetzt und durch den Text geführt. Dass der Autor dabei nicht selten die Grenzen des Erträglichen überschreitet, ist für Bopp erträglich, da es mit einem für sie erstaunlichen Gefühl für Rhythmus geschieht, das immer wieder Momente großer Poesie hervorbringt, wie sie erklärt. Oder anders gesagt: Der Roman scheint der Rezensentin einfach gut gemacht.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.08.2013

Ein Buch über den Exzess liest Jens Uthoff mit Clemens Meyers neuem Roman. Doch das ist nicht alles. Sprachlich und stilistisch bewegt sich der Autor laut Uthoff erstaunlich sicher, realistisch, nüchtern und packend. Thematisch weist er über das Leipziger Rotlichtmilieu und die Prostitution in ihrer drastischen Alltäglichkeit hinaus in die Zusammenhänge von Kapital und Sex, wie der Rezensent zu verstehen gibt. Debatten, wie die um Zwangsprostitution, nimmt der Roman auf, Marx wird zitiert und die Abgründe der Sexindustrie im Osten ausgelotet. Für Uthoff ein wichtiges Buch.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.08.2013

Clemens Meyer beschwört in seinem neuen Roman "Im Stein" das "Pandämonium der ostdeutschen Nachwendezeit", berichtet Ronald Düker. Der Autor erzählt mit vielen Zeitsprüngen und Perspektivwechseln die Geschichte eines wilden Ostens, der einen "Crashkurs in Systemwechsel" durchlaufen hat und plötzlich die legalen Merkwürdigkeiten des Kapitalismus kennenlernt, wo das Big Business so ziemlich alles darf, solange es ausreichend Steuern abwirft, erklärt der Rezensent. Meyer setzt vollkommen auf den "Effekt der schnellen, atemlosen und krassen Geschichte", auf allerlei Nachtgestalten, auf Prostitution, auf Justizsekretärinnen, die im Moor verschwinden, fasst Düker zusammen. Die "ledrig-gutherzigen Typen", die er in diese Machenschaften verwickelt, werden allerdings eher den Anforderungen eines Tatorts gerecht als dem großen Gesellschaftsroman, den Meyer eigentlich hat schreiben wollen, bedauert der Rezensent.