Christoph Peters

Dorfroman

Roman
Cover: Dorfroman
Luchterhand Literaturverlag, München 2020
ISBN 9783630875965
Gebunden, 416 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Alles scheint noch vertraut in Hülkendonck, einem Dorf am Niederrhein. Als wären die dreißig Jahre, in denen der Erzähler hier nicht mehr lebt, nie gewesen. Sein Besuch bei den Eltern beschwört die Vergangenheit wieder herauf: die idyllische Weltfremdheit der 70er Jahre, den Beginn einer industriellen Landwirtschaft, die das bäuerliche Milieu verdrängt. Und den geplanten Bau des "Schnellen Brüters", eines neuartigen Atomkraftwerks, das die Menschen im Ort genauso tief spaltet wie im ganzen Land. Es ist jene Zeit, in der der Erzähler zu ahnen beginnt, dass das Leben seiner Eltern nicht das einzig mögliche ist - und in der er Juliane kennenlernt, eine Anti-Atomkraft-Aktivistin, die ihn in die linke Gegenkultur einführt...

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.09.2020

Rezensent Markus Joch taucht tief ein in bundesrepublikanischen Zustände Anfang der 70er Jahre mit Christoph Peters' Roman. Politisch findet er das Buch um die Errichtung des "Schnellen Brüters" und den erbitterten Kampf der ländlichen Bevölkerung um ihre Scholle in einem niederrheinischen Kaff allemal, auch oder gerade, weil Peters auch seine Familiengeschichte erzählt. Die "Innenansicht" eines AKW-Standorts scheint Joch neu, und wie Peters Gegenwart und Vergangenheitsebenen verschränkt, hält er für geschickt und, da Peters nicht zur Schwarzweißmalerei und zum Herabschauen auf den "lilabehosten" Protest neigt, auch für überzeugend.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 10.09.2020

Rezensent Markus Clauer liest Christoph Peters "Dorfroman" als eine "Mentalitätsgeschichte in Etappen", die ihn sehr nah heranführt an die Realität. Vor dreißig Jahren ist Peters vor der Provinz, seinen Eltern, dem Katholizismus nach Berlin geflohen, lesen wir. Nun kehrt er zurück ins Dorf seiner Kindheit, gleich beim AKW Kalkar und widmet sich dort der literarischen Suche nach biografischen Brüchen und Ambivalenzen, so Clauer. Schon als Jugendlicher nahm Peters sie zum ersten Mal war, die Gespaltenheit seines Heimatdorfes, und seine eigene Gespaltenheit: auf der einen Seite die katholische Kirche, seine Eltern, die AKW-Befürworter - auf der anderen Seite die AKW-Gegner, ein Mädchen, sein Drang nach Rebellion gegen das Vertraute. Und später dann: Seine Sentimentalität und sein Verantwortungsgefühl für die Eltern gegen das neu Vertraute, die Großstadt. Soll er in der Heimat bleiben oder zurück nach Berlin? Diese Frage leitet den Autor durch die verschiedenen Etappen seines Lebens, die auch Etappen westdeutscher Geschichte sind, erklärt der Rezensent, der die Sprache Peters' erfrischend einfach und doch gehaltvoll findet.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 05.09.2020

Rezensent Elmar Krekeler verliert sich gern in Christoph Peters Rückkehrer-Roman. Das hat für ihn nicht zuletzt damit zu tun, dass Peters auf eine nostalgische Erinnerungsleistungsschau verzichtet und stattdessen auf unterschiedliche Erinnerungsschichten des Erzähler-Ichs zurückgreift und sie ineinander spiegelt. Ein dichtes Netz aus Einzelheiten entsteht, das Fragen zur Herkunft und Rückkehr in den Heimatort aufwirft. So wird diese Kindheit und Jugend am Niederrhein für Krekeler zu einer Geschichte des "multiplen Erwachsenwerdens", einer deutschen Mentalitätsgeschichte.