Brigitte Kronauer

Zwei schwarze Jäger

Roman
Cover: Zwei schwarze Jäger
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2009
ISBN 9783608938852
Gebunden, 286 Seiten, 21,90 EUR

Klappentext

Wie in einem Treppenhaus kreuzen sich in diesem Buch die Geschichten und Erinnerungen. Alles scheint der Vorstellungskraft der Schriftstellerin Rita Palka zu entspringen, die sich gelegentlich selbst unter ihr Personal mischt, das verschiedener nicht sein könnte. Ob es nun die Dame im Rollstuhl ist, die ihren ehemaligen Liebhaber auffordert, den Don Juan der Nachbarschaft zu spielen; die Kassiererin, die der Tristesse entfliehen will und Prostituierte wird; der Verlagslektor, der sich in einen Kellner verliebt; oder Wally, die nur zwei Nächte ihres Lebens mit einem Mann verbracht hat. Sie alle verbindet die Sehnsucht nach den verdeckten Träumen des Alltags, in einer Welt, die diese unerfüllbar und lächerlich macht. Und so rücken die Figuren mit ihren Ängsten und Niederlagen immer dichter zusammen, ohne zu ahnen, dass eine von ihnen zur Mörderin wird.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.10.2009

Als Genuss, wenngleich keinen ungetrübten, beschreibt der hier rezensierende Schriftsteller Jochen Schimmang seine Lektüreerfahrung mit dem neuem Roman der Kollegin, hat doch manches aus dem hier erzählten Leben einer fiktiven Schriftstellerin für ihn hohen Wiedererkennungswert. Doch mitunter macht ihn die "scheinbar grenzenlose Fantasie" dieser Brigitte Kronauer auch ein wenig sprachlos, hat er zuweilen den Eindruck eines ausufernden, aber irgendwie auch beliebigen Sprachgebildes. Trotzdem handelt es sich seiner Ansicht nach doch um eine "recht klare Geschichte", habe man es insgesamt mit einem schnitzlerisch verzahnten Figurenreigen zu tun, in dem es Schimmang zufolge allerdings nicht nur um Erotik geht. Es werden, wie man liest, auch "unterschiedlich gefärbte Glücksvorstellungen", Hartz IV oder abgelebte Konsumparadiese. Auch höhere Theorieregionen konnte Schimmang in diesem Buch ausmachen, das ihm am Ende das Fazit entlockt, das niemand uns das Leben und die Wünschen der Menschen "so fein, so detailliert, so betrüblich und auch so erheiternd" wie diese Autorin mit dem ebenso bösen wie menschenfreundlichen Blick vorzuführen vermöge.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.10.2009

In einem Gewirr von Beziehungen, Figuren und Zeitsprüngen kann man sich in Brigitte Kronauers Roman "Zwei schwarze Jäger" verirren, warnt Rezensent Roman Bucheli. Doch das meint er keineswegs als Kritik: "wunderlich amüsant" findet er Kronauers Roman. Und bei näherem Hinsehen wird ihm ein Konstruktionsprinzip deutlich, das ihn an Robert Altmans Film "Short Cuts" erinnert. Aus Beliebigkeit und Zufallsbegegnungen enthülle sich letztlich eine "Sinnstruktur". Gemeinsam ist den Figuren des Romans, wie der Rezensent beobachtet, dass sie das Wirkliche wie Kunst auszudeuten versuchen und die Kunst für das Wirkliche nehmen. Kronauers Roman lässt sich deshalb als eine Satire auf den Kunstbetrieb ebenso gut lesen wie eine mit "großer Empathie" erzählte Geschichte über Menschen, die mit ihren Fantasien an der Wirklichkeit scheitern, konstatiert der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.09.2009

Begeistert, wenn auch für den mit dem Roman noch nicht vertrauten Leser etwas nebulös, preist Jürgen Verdofsky Brigitte Kronauers neues Werk. Schon die das Buch eröffnende Binnen- und Titelgeschichte, die die Schriftstellerin Rita Palka einem in eigene Verwicklungen verstricktem Publikum vorträgt, bezaubert den Rezensenten als "Leckerbissen". Er gibt so manches Beispielzitat von der "allegorischen Eleganz" und dem Bemühen, die "Wahrheit" in präzisen Teilstücken darzustellen und zeigt sich von den Episoden, aus denen sich der Roman zusammensetzt, sehr fasziniert. Da geht es um eine Kleinwüchsige, die erst zur Mörderin, später zur Selbstmörderin wird, eine ehemals sehr schöne Frau, die im Rollstuhl gelandet ist oder einen Lektor, der sich in einen Kellner verliebt und im Angesicht des Mont Blancs der "Wohltat des Geheimnisvollen" hingibt, wie es im Roman heißt. Für den hingerissenen Verdofsky stellt Kronauer nicht nur wegen ihrer stilistischen Brillanz eine absolute "Autorität" dar, die die Schicksale ihrer Figuren verantwortungsbewusst und exemplarisch vor Augen führt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.09.2009

Bei diesem Roman scheint es sich um eine reichlich anstrengende, zugleich aber auch inspirierende Angelegenheit zu handeln. Rezensentin Ingeborg Harms jedenfalls schwebt wie auf Prosawölkchen voller eingestreuter zierlicher und hoch artifiziell formulierter Romanzitate. Wovon genau der Roman handelt, wird nicht deutlich, wohl aber, dass die Rezensentin von einer Erzählerin, die sich "dabei zuschaut, wie sie sich selbst beobachtet" in erheiternde Schwindelzustände gerät, die es ihr unmöglich machen, ihre Kritik in genauerer Beschreibung von Struktur und Gerüst des Romans zu erden.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.09.2009

Lothar Müller preist hingerissen Brigitte Kronauers neuen Roman "Zwei schwarze Jäger" und charakterisiert ihn als eine Feier des "Überschwangs und Überfluss'". Aus vielen Geschichten und Episoden um die Schriftstellerin Rita Palka entspinnt die Autorin eine Groteske, die trotz des "scherzhaft-quecksilbrigen Tons" nicht nur leichte Themen anpackt. So schildert Kronauer unter anderem das Älterwerden einer mittlerweile im Rollstuhl sitzenden, ehemals sehr schönen Frau, führt eine Mörderin ein, die Selbstmord begeht, porträtiert die abservierte Mätresse August des Starken und erzählt von einer sich prostituierenden Kassiererin, fasst der Rezensent zusammen. Neben durchaus prosaischen Existenzen ergründet dieser Roman aber auch die "Grotten" der Sprache und der Phantasie, und mit der Aufmerksamkeit für das "Außergewöhnliche" ist er "durch und durch romantisch", wie Müller betont. Aufmerksam sollte nach seinem Rat aber auch der Leser sein, damit er in diesem episodenreichen Werk keine Wendung überliest und so offen für die "Verwandlung der Gegenwart" ist, die dieses Buch so märchenhaft vorführt.
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