Bart Moeyaert

Im Wespennest

Jugendroman (ab 14 Jahre)
Cover: Im Wespennest
Beltz und Gelberg Verlag, Weinheim 2000
ISBN 9783407808707
Gebunden, 152 Seiten, 11,25 EUR

Klappentext

Aus dem Niederländischen von Mirjam Pressler. Ein glutheißer Sommertag in einem kleinen Dorf, das dem Sommerfest entgegenfiebert. Doch unter der Oberfläche brodelt es und machmal geht ein Riss mitten durch die Familie - wie bei Suzanne und ihrer Mutter, deren Beziehung nicht gerade die herzlichste ist. Dann kommt ein junger Mann ins Dorf, der Suzanne den Kopf verdreht. "Entweder du stocherst mitten hinein ins Wespennest oder du rennst ganz schnell weg", rät er Suzanne, die sich ihm zaghaft anvertraut. Suzanne muss sich entscheiden - tanzt sie mit den anderen oder spielt sie das Spiel allein?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.11.2000

In den höchsten Tönen lobt Christine Knödler diesen Jugendroman, der einen einzigen Tag in einem Dorf schildert, in dem jede Menge Konflikte schwelen, und in deren Mittelpunkt ein vierzehnjähriges Mädchen steht. Die Rezensentin ist von der Sprachgewalt des niederländischen Autors beeindruckt, der sich "aufs Wesentliche" konzentriert und trotzdem eine bilderreiche Erzählung voller "Assoziationen geschaffen hat, und sie lobt den "kunstvollen" Aufbau des Romans, der in Vor- und Rückblenden "Erinnerungen einkreist" und damit die Leser in seinen Bann schlägt. Das Buch sei schlichtweg "formvollendet".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.07.2000

Gerda Wurzenberger bespricht drei Jugendromane, die das Gewalttabu brechen und deren Heldinnen Mädchen sind. Allen drei Büchern ist eigen, dass die gewalttätigen Handlungen der Mädchen nicht als "Fehlverhalten" kritisiert werden, sondern im Gegenteil "geradezu als vernünftige Handlungen" erscheinen. Bevor sie sich den drei Büchern im Einzelnen zuwendet betont Wurzenberger, dass die "hohe literarische Qualität" der Romane plumpe Gewaltverherrlichung ausschließt.
1) Cynthia D. Grant: "Mary Wolf"
Die Titelfigur erschießt am Ende des Romans ihren Vater. Verständlich wird das für den Leser, weil man dem sozialen Abstieg einer Familie ganz aus dem Blickwinkel der 16jährigen Tochter Mary zusieht, so Wurzenberger. Mary muss erleben, wie ihre lebensuntüchtigen Eltern mit Diebstahl und Notlügen die siebenköpfige Familie in die Verwahrlosung treiben. Der "Sogwirkung der Ich-Perspektive" könne man sich so wenig entziehen, dass man als Leser am Ende "geradezu erleichtert" ist über den Schuss, bekennt die Rezensentin.
2) Bart Moeyaert: "Im Wespennest"
Auch dieser Roman lebt vor allem von der Ich-Perspektive der Heldin Suzanne, schreibt Wurzenberger. Nur sei der Blick hier so verengt, dass sich eine quälende Spannung einstelle, weil der Leser immer nur einen winzigen Ausschnitt aus dem Gesamtbild vorgeführt bekomme. Die "Aura des Geheimnisvollen", die Moeyaert so schaffe, versetze den Leser in eine "nervöse Spannung", die auch dann noch bestehen bleibe, wenn der Leser beginnt, die Zusammenhänge zu begreifen. Wenn die Heldin in ihrem kleinen Dorf schließlich einen gewalttätigen Eklat provoziert, empfindet man diese Katastrophe als "unvermeidlich", meint Wurzenberger.
3) Mireille Best: "Camille im Oktober"
Auch diese Geschichte eines Mädchens, das in den fünfziger Jahren in der französischen Provinz aufwächst, ist in der Ich-Form erzählt. Anders als bei Moeyaerts Suzanne beobachte Camille ihre Umgebung jedoch mit distanziertem, wissenden Blick. Beeindruckt beschreibt die Rezensentin die "lakonisch-ironische Erzählweise" mit der hier die 50er aufs Korn genommen werden. Die materiellen Sorgen schlossen damals noch eine "sanfte Rücksichtnahme auf die Zartheit einer Kinderseele" aus. Wurzenberger beschreibt sehr anschaulich, wie sich die Mütter beim Kaffeeklatsch ungeniert in Gegenwart ihrer Kinder erzählen, mit welchen Methoden sie versucht hatten, ihren Nachwuchs abzutreiben. "Fast schwebend" leicht sei diese Geschichte erzählt, schreibt die Rezensentin bewundernd, dennoch hinterlasse sie "tiefe Spuren und im besten Sinne gemischte Gefühle".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.04.2000

Konrad Heitkamp ist von diesem Buch so beeindruckt, dass seine Nacherzählung ein bisschen verworren geraten ist. Soviel haben wir verstanden: Es geht um ein junges Mädchen, dass aus der Enge eines kleinen Dorfes ausbrechen will. Um einen Verrat der Mutter und um einen jungen Mann, der plötzlich mit seiner Vespa auftaucht. Den „Dichter“ dieses Jugendbuches, einen Flamen, feiert Heitkamp jedoch mit eindeutigen Worten: eine „antike Tragödie“ sei diese Geschichte. Der Autor schaffe eine „Stimmung, in der Halbsätze in der Luft hängen, Gefühle plötzlich umschlagen können“. Auch die Übersetzerin lobt er. Nur der Verlag kommt schlecht weg: Das Cover mit seiner „Fotolösung“ findet Heitkamp einfach „schrecklich“.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.03.2000

Ziemlich beeindruckt berichtet die Rezensentin Hilde Elisabeth Menzel über diese Dorfgeschichte um ein Mädchen, die ihre Freundin Heleen - die Hebamme, die sie zur Welt brachte - vor den Feindseligkeiten der Dörfler retten will. Dabei begegnet das Mädchen auch ihrer ersten Liebe und setzt durch ihren Handlungswillen eine Kette von Ereignissen in Gang, die nicht in ein Happy End führen. Moeyaert nehme seine jungen Leser ernst, lobt die Rezensentin, lüge sich nicht an der Wahrheit vorbei und stelle wie schon in seinen früheren Büchern, die Frage, wie Gewalt entsteht. Vorbildlich sei seine Zusammenarbeit mit der Übersetzerin Mirjam Pressler.
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