Aravind Adiga

Zwischen den Attentaten

Geschichten aus einer Stadt
Cover: Zwischen den Attentaten
C.H. Beck Verlag, München 2009
ISBN 9783406592706
Gebunden, 382 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Klaus Modick. Als würde man an einer siebentägigen Erkundung der Stadt Kittur und ihrer Besonderheiten teilnehmen, so führt Aravind Adiga in seinem neuen Buch, einem Zyklus von Geschichten, den Leser durch diese brodelnde fiktive Stadt, die deutlich erkennbare Züge Bangalores trägt. Wie in Adigas preisgekröntem Debüt "Der weiße Tiger" werden Geschichten erzählt, in denen die unbarmherzigen Gegensätze und der unbeugsame Überlebenswille im heutigen Indien plastisch werden. Da ist der zwölfjährige Ziauddin, der in einem Teehaus in der Nähe des Bahnhofs aushilft und, weil er einem hellhäutigen Fremden vertraut, einen großen Fehler macht. Da ist ein privilegierter Schuljunge, der aus Protest gegen das Kastenwesen an seiner Schule Sprengstoff zündet. Und da ist George D'Souza, der Moskitomann, der sich bei der reizenden, jungen Mrs Gomes zum Gärtner und dann zum Chauffeur hocharbeitet und alles verliert, als er die strengen Grenzen zu überschreiten versucht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.12.2009

Aravind Adigas Episodenroman um das von Armut, Krankheit und Wahnsinn bestimmte Leben in der fiktiven indischen Stadt Kittur in den 1980er Jahren hat Rezensentin Kirsten Voigt sichtlich fasziniert. Dabei ist die Welt ihrer Einwohner, die der Autor jenseits von allen Indien-Klischees und Ideologien schildert, in ihren Augen alles andere als schön - sie ist verkommen, voller Verzweiflung und Aussichtslosigkeit. Beeindruckend findet sie, wie Adiga Privates, Politisches und Poetisches in "dunkel funkelnden, subtil aufeinander bezogenen" Episoden miteinander verwebt. Die Einleitung zu den einzelnen Geschichten in Form von Beschreibungen von Sehenswürdigkeiten scheinen Voigt "sehr pointiert, böse komisch". Auch der "fast märchenhaft Ton" des Romans und seine "Mischung aus Einfalt und Raffinesse" haben ihr sehr gefallen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.09.2009

Witz und Charme attestiert Kai Wiegandt dem jungen Autor. Dass Aravind Adiga in seinem Episodenroman fast nur von den Armen erzählt, den soziologischen Blick auf Hunger, religiöse Verblendung, Korruption und Kastenwesen richtet, ist für Wiegandt deshalb erträglich, weil der Autor sich Zeit nimmt für seine Figuren und sie in einen Zusammenhang stellt. Die fiktive indische Stadt wird so für Wiegandt als Handlungsort begreifbar, in dem Privates und Politisches sich verbinden und sichtbar wird, wie die Wahrheit auf der Strecke bleibt. Lobend erwähnt Wiegandt die geschmeidige Übersetzung von Klaus Modick.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.08.2009

Claudia Kramatschek ist begeistert vom zweiten Roman des indischen Autors Aravind Adiga. Der Rezensentin zufolge muss man sich auf ein "böses Schelmenstück" gefasst machen, das die gesellschaftlichen Unstimmigkeiten Indiens sehr genau unter die Lupe nimmt. Geschildert werden sieben Tage in der fiktiven südindischen Stadt Kittur und die erzählten Geschichten sind dabei zyklisch ineinander verschachtelt und verwoben. Adigas Indien, warnt Kramatschek, zeichnet sich dabei weder durch Gewaltfreiheit noch durch soziale Gerechtigkeit aus, wobei der Autor die Hierarchie auf den Kopf stelle, denn er schreibt aus Sicht der Kulis und Dalits, der untersten und ärmsten Schicht der indischen Bevölkerung. Mit "plastischer Eindringlichkeit" und "beißendem Witz" arbeitet Adiga sich bis in die Tiefen des Kastenwesens, der Klassenprivilegien und der latent stets vorhandenen Korruption vor. Grandios setze der Autor "Wut und Verzweiflung" der Bevölkerung in "authentische Stimmen" um. Kramatschek lobt ebenso Klaus Modick, der von ihr die Note "hervorragend" für die Übersetzung erhält.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.08.2009

Anerkennung zollt Alexander Müller dem Autor vor allem aufgrund der in den versammelten Erzählungen aufscheinenden Würde und Menschlichkeit. Dafür, dass Aravind Adiga seine von Gewalt, von religiösen und privaten Konflikten erzählenden Texte nicht mit einem kulturpessimistischen Firnis überzieht und seine allen gesellschaftlichen Schichten entstammenden Figuren nicht verurteilt, ist Müller ihm dankbar. Die in der von Adiga erdachten Stadt Kittur an Indiens Westküste spielenden Geschichten von Abschied und Neuanfang sind laut Müller wohltuend frei von Exotik, Sentimentalitäten und allzu einfachen Kontrastierungen. Am Ende fügen sich die Vignetten für den Rezensenten zu einem Ganzen, zu einem "vielschichtigen Stadtporträt", verbunden durch personelle Überschneidungen sowie Motive und Themen (die Klänge, die Standesunterschiede, die Armut).
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.08.2009

Mit Lob versieht Rezensentin Shirin Sojitrawalla dieses zweite Buch des Booker-Prize-Trägers von 2008, Aravind Adiga, wenngleich es aus ihrer Sicht "behäbiger, weniger komisch und weniger rasant" ist als der preisgekrönte Erstling. Doch auch diesmal scheue sich Adiga nicht, Indiens "brutale Wirklichkeit" und die Ungerechtigkeit seines Gesellschaftssystems in den Blick zu nehmen. Aber auch die "sagenhafte Schönheit" des Landes, sein "fabelhafter Schmutz" sei Gegenstand der Momentaufnahmen und Shortcuts aus einer fiktiven indischen Stadt in diesem Buch. Besondere Freunde hat die Rezensentin an den Figuren, die sich mit dem Elend nicht abfinden wollen. Es gebe immer wieder wunderschöne Geschichten, deren schönste sich für Sojitrawalla wie die "tropische Variante" von Tschechows "Kirschgarten" liest.
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