Alois Hotschnig

Ludwigs Zimmer

Roman
Cover: Ludwigs Zimmer
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2000
ISBN 9783462029239
Gebunden, 176 Seiten, 15,29 EUR

Klappentext

"Ich hätte die Erbschaft nicht antreten dürfen, damit fing es an, dieses Haus hat schon andere vor mir nicht glücklich gemacht, ich hätte nicht einziehen dürfen und Landskron und Villach und Kärnten überhaupt meiden müssen von Anfang an." Mit einem Haus am See erbt Kurt Weber auch die Geschichte dieses Hauses und seiner ehemaligen Bewohner, die ihn in Form von Träumen, Rätseln und Fragen an die Vergangenheit heimsucht, und als eines Tages eine alte Frau das Haus betritt und sich in einem Zimmer einschließt, in Ludwigs Zimmer, gerät Kurt unentrinnbar in den Bann ihrer Erinnerungsarbeit. Wer ist Ludwig, und was ist in diesem Haus geschehen? Alois Hotschnig erzählt in diesem Roman aus Erinnerungssplittern und Träumen, aus Beobachtungen und Dialogen von Liebessehnsucht und Lieblosigkeit und vom Umgang mit Schuld, die bis in die Nazi-Vergangenheit führt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.04.2001

"'Ludwigs Zimmer' ist ein Text, für den schon die Bezeichnung Roman viel zu marktschreierisch und lauthals wirkt, weil er ganz leise bis in den äußersten Abgrund vordringt", schreibt Andrea Gerk und meint damit die Erfahrung des Ich-Erzählers, mit der Erbschaft eines Familienbesitzes langsam, aber unaufhörlich in die Niederungen seiner Familiengeschichte herabzusteigen. Das allerdings, bemängelt die Rezensentin, hat Alois Hotschnig an manchen Stellen überzogen. Sein freudianisches Szenario vergeblicher Selbstsuche münde in unfreiwillige Splatter-Filme. Zwar werde die Verzweiflung des Protagonisten im letzten Drittel erklärt, doch erscheint dieser Teil des Romans der Rezensentin wie ein Extra-Roman, mit einer eigenen Geschichte und einer eigenen Sprache. Gefühlt hat sich Gerk während der Lektüre wie in einer Geisterbahn der Literaturgeschichte: etwas Kafka, etwas Beckett, etwas Thomas Bernhard und etwas Hotschnig. Und der erscheint ihr zwischen allen anderen Literaten so eigenwillig, berührend und verstörend, dass sich die Rezensentin wünscht, im nächsten Band kein solches Kammerspiel, sondern einen Hotschnig solo zu vernehmen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.12.2000

Ziemlich großartig findet Meike Fessmann den neuen Roman von Alois Hotschnig, den sie einen "absolut ernsthaften, bedingungslosen Schriftsteller" nennt. Sie lobt die knappe Erzählweise und findet den Roman ausgesprochen wirkungsvoll. "Dieser qualvolle Stillstand [des Protagonisten] ist fast körperlich spürbar". Die Geschichte erzählt, wie der Protagonist Kurt Weberer ein Haus erbt und auf diese Art und Weise in vergangene Geschichten, die sich hier während der Nazizeit abgespielt haben, eingewoben wird. Für Fessmann handelt der Roman von "einem großen Unbehagen" und "der allmählichen Verortung eines Schmerzes". Für sie ist klar, dass der Autor sich damit an etwas Grundsätzlichem - etwa, was Freud als `Todestrieb` bezeichnet - abarbeitet.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.09.2000

Paul Jandl kann dem Roman nichts abgewinnen. In der Tradition der österreichischen Antiheimatliteratur stimme er eine "pathetisch vorgetragene Klage" an, die das Leiden an der Gegenwärtigkeit des Todes und der Vergeblichkeit allen Tuns artikuliere. Doch lege der Autor seinen "existentiellen Notstand" nicht überzeugend dar. So bleibe nur "bequemer Lebensekel", stellt Jandl fest. Wenn diese Mängel auch schon an Hotschnigs früheren Büchern festzustellen waren, so würden sie diesmal nicht durch die Präzision seiner Sprache wettgemacht, sondern mündeten in unfreiwillige Komik und "angestrengten Ernst".