Richard Ford

Die Lage des Landes

Roman
Cover: Die Lage des Landes
Berlin Verlag, Berlin 2007
ISBN 9783827000651
Gebunden, 681 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Frank Heibert. Frank Bascombe hat eine Menge erreicht, sein Leben ist aufgeräumt und erfüllt, nun könnte er als abgeklärter Genießer dem verdienten Ruhestand entgegengehen. Doch völlig unerwartet bringen eine Ehekrise und eine Krebsdiagnose alles ins Wanken. Ein reicher, nachdenklicher, aber auch grotesk komischer Roman von Richard Ford, dem amerikanischen Meistererzähler, über einen Mann in den besten Jahren und über den Wert des Lebens. Wiedersehen mit Frank Bascombe, dem Helden von "Der Sportreporter" und "Unabhängigkeitstag" - er ist 55 Jahre alt und freut sich, mit schöner Strandvilla und zweiter Ehefrau Sally, auf den nächsten, ruhigeren Lebensabschnitt. Die "Permanenzphase", wie er dieses Hochplateau des erfüllten Lebens nennt, erweist sich jedoch als trügerisch: Sallys erster, tot geglaubter Ehemann taucht wieder auf, und sie geht mit ihm fort, um die Dinge zu klären. Kurz darauf wird bei Frank Prostatakrebs diagnostiziert. Und nun naht Thanksgiving, das uramerikanische Fest der Familie. Wie fest der Boden unter seinen Füßen wirklich ist, muss sich bei jedem Schritt neu zeigen. In dem ominösen Millenniumsjahr 2000, dessen Herbst von den "gestohlenen Wahlen" und George Bushs billigem Triumph geprägt ist, zieht Frank Bascombe, der nette, vernünftige Nachbar, Bilanz.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.07.2007

Einen zwiespältigen Eindruck hat Richard Fords neuer Roman bei Rezensent Richard Kämmerlings lassen. Keinen Zweifel lässt er allerdings daran, dass er Ford für einen großartigen Schriftsteller hält, was er in jedem einzelnen Satz bewiesen sieht. Das Problem des Romans, der ihn zwar beeindruckt, nicht aber restlos überzeugt hat, liegt für ihn beim Plot, dem Ford keinen besonderen Wert beimesse. Spannend findet er das Buch trotzdem, denn die "fast ethnographisch 'dichte' Beschreibung" Amerikas entwickelt einen eigenen Sog. Er würdigt Ford in diesem Zusammenhang als "großen Realisten der Gegenwart" und als "Deskriptionsfetischisten", der sein Medium, den Sportreporter und Imobilienmakler Frank Bascombe, einen erbarmungslosen Blick auf die USA der 90er Jahre bis zum Thangsgiving-Fest 2000 werfen lässt. Permanent mustere Boscombe mit soziokulturellen Blick die Gegenwart und ziehe daraus Rückschlüsse auf die "Lage des Landes", so dass ein äußerst detailliertes repräsentatives Bild der USA entstehe. Das hat seine Verdienste, führt in Kämmerlings Augen auf die Dauer zu einem "enervierenden Essayismus".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.07.2007

"Ein unlesbares Buch", gibt Arno Widmann sichtlich gepeinigt zu Protokoll. Frank Bascombe, dieser Held, der sich für nichts interessiert und alle beschimpft, ist ihm nicht nur zutiefst unsympathisch, dessen "merkwürdig stereotypes Gestammel" geht ihm auch gehörig auf die Nerven und ist überhaupt "sterbenslangweilig". Mit am unerträglichsten erscheinen dem Rezensenten die endlosen Reihungen von Namen, Verben und Adjektiven, die das Buch zur Bilanz und Ford zum "Buchhalter" machen. Listen mag Arno Widmann nach eigenem Bekenntnis ja, aber nur wenn sie Assoziationen und Assonanzen erzeugen. Hier aber werde einfach Eines an das Andere geklebt, immer weiter, bis die 700 Seiten voll sind: "ein erbarmungswürdiger Anblick".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.07.2007

Lothar Müller warnt alle, die von einem Roman vor allem spannende Unterhaltung erwarten, vor diesem immerhin 700 Seiten langen Buch. Viel passiert ja nicht bei Frank Bascombe, dem Richard Ford nach "Der Sportreporter" und "Unabhängigkeitstag" nun einen dritten "langatmigen, aber klugen" Roman gewidmet hat. Bascombe sei ein "tatenarmes Monstrum", der Herald eines amerikanischen Fin de siecle. Alles sei hier Erosion, bemerkt Müller, das Leben bröckelt so dahin, es passiert nicht viel in den drei hier erzählten Tagen rund um das Thanksgiving 2000, und die Stimmung des Verfalls im Inhalt macht auch vor der Form der Erzählung nicht Halt. Doch Müller gefällt die "panische Redseligkeit" von Bascombe, er mag dessen Sarkasmus. Und auch die Übersetzung durch Frank Heibert scheint ihm "bis auf Kleinigkeiten" gut gelungen.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.07.2007

Mit einiger Begeisterung hat Rezensent Jörg Magenau den dritten Frank-Bascombe-Roman von Richard Ford gelesen, den er als "Meister des Bewusstseinsromans" feiert. Der Plot gruppiert sich Magenau zufolge um das amerikanische Thanksgivingfest des Jahres 2000. Bill Clintons Präsidentschaft läuft ab, George W. Bush scharrt schon mit den Hufen - also wie in den beiden Romanen zuvor Perioden des Übergangs. Allerdings brauche man diese Bücher nicht zu kennen, um in den vollen Genuss von "Die Lage des Landes" zu kommen. Protagonist Frank schleppe seine Vergangenheit auf jeder Seite mit sich herum und Richard Ford bleibt laut Magenau auf den insgesamt 680 Seiten dicht an ihm dran. Aus Sicht des Rezensenten funktioniert der gealterte Frank Bascombe nicht nur als Handlungsträger, sondern durch die lakonische Haltung seiner Mittelmäßigkeit gegenüber auch als enormer Sympathieträger im Buch. Und als "Sprechpuppe, über deren Stimme der Autor "die komplexe gesellschaftliche Wirklichkeit" in die Geschichte mit einfließen lässt. Die großen Themen des Buches seien "Ehe und Familie, das Geld und der Kapitalismus, die Liebe und ihr Verlust, Irrationalität und Gewalt, Massenkonsum und Individualität, Krankheit, Alter und Tod", kurz: das Leben selbst, in das der Rezensent für die Dauer der Lektüre mit großem Leserglück tief eingetaucht ist.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.07.2007

Zwar ragt dieser dritte Frank-Bascombe-Roman aus Sicht von Rezensent Ulrich Greiner immer noch deutlich aus dem Durchschnitt allgemeiner Literaturproduktion heraus und die Mittelklassentypologie hat auch hier wieder ihre großen Reize auf ihn ausgeübt. Auch begeistern ihn immer wieder Binnenerzählungen durch ihren Einfallsreichtum und Fords darin zur schönsten Entfaltung kommende "Fähigkeit zur sprechenden Szene". Trotzdem hat Greiner John Fords Buch insgesamt deutlich enttäuscht beiseite gelegt. Sonst Meister erzählerischer Ökonomie, habe Ford hier das sichere Gespür nun allzu oft verlassen, bedauert der Rezensent. Diesmal habe es Ford mit seiner Ausmalung mittelständischen Lebens nämlich übertrieben. Das macht den Roman aus Sicht des Rezensenten erstens zu lang und Fords "ausufernde Beschreibungsmanie" die Lektüre gelegentlich recht zäh. Zweitens stößt dem Rezensenten die "zwischen schöner Empathie und schriller Karikatur" unentschlossene Erzählhaltung auf, die dem Roman aus seiner Sicht etwas Angestrengtes gibt. Am Ende schließlich ist Greiners Beschreibung zufolge das Buch ganz aus dem Ruder gelaufen und man liest von achtzig Seiten "unplausibler Achterbahn von Schlüssen, Umschwüngen und Neuanfängen".
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