Wolfgang Kemp

Die ehrbaren Täuscher

Rembrandt und Descartes im Jahr 1641
Cover: Die ehrbaren Täuscher
Schlaufen Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783987610028
Kartoniert, 160 Seiten, 22,50 EUR

Klappentext

Rembrandt und Descartes halten sich gleichzeitig in Amsterdam auf und arbeiten jeweils an demselben Thema: Der eine schreibt über die Vorstellung, dem Menschen könne seine Wahrnehmung durch einen bösen Geist lediglich vorgetäuscht werden, der andere malt eine junge Frau, deren Hand über den Rahmen heraus in die Realität des Betrachters zu greifen scheint, ein Trompe-l'oeil, eine Augentäuschung. Während der eine seine Gewissheit in dem Satz "ego cogito, ergo sum" (Ich denke, also bin ich) sucht, lotet der andere die Gattung des Selbst-Porträts bis zu seinem Lebensende immer wieder von Neuem aus. Beide verstehen sich auf das Spiel der Maskerade, darauf, sich zu verkleiden, in Rollen zu schlüpfen und somit sich auf der Bühne der Öffentlichkeit einerseits zu präsentieren sowie andererseits zu verbergen - das Täuschen verschafft ihnen Freiräume. Ausgehend von Rembrandts Gemälde "Mädchen im Bilderrahmen" entfaltet Wolfgang Kemp in seinem Essay ein historisches Tableau, auf dem beide Akteure sich auf sehr unterschiedliche Weise an Täuschung, Subjektivität und Freiheit abarbeiten. Nicht nur kommt dabei die Frage auf, ob beide durch ihre jeweils unterschiedlichen Tätigkeiten, Werkzeuge und Medien letztlich gegensätzliche Einsichten und Erfahrungen ermöglichen. Kemps historischer Rückblick lässt unwillkürlich auch unseren gegenwärtigen medialen Umgang mit Täuschung und Maskerade in einem veränderten Licht erscheinen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.01.2024

Rezensent Helmut Meyer lässt sich von Wolfgang Kemps Essay über Rembrandts "Mädchen im Bilderrahmen" von 1641 inspirieren. Wie der Kunsthistoriker sich dem Kunstwerk über Descartes und über Valerys Texte über den Philosophen annähert, findet Meyer höchst anregend, gelingt es dem Autor seiner Ansicht nach doch, auf elegante Weise, etwa reale Räume und Topoi wie das Trompe-l'oeil in seine Betrachtung miteinzubeziehen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.08.2023

Mit großem Interesse hat Rezensent Thomas Steinfeld diesen schmalen Band des Hamburger Kunsthistorikers Wolfgang Kemp gelesen, aus dem er zunächst erstmal erfährt, was ein "Tronie" ist: Ein gemaltes Abbild ohne Vorbild, also ein auf reiner Fantasie beruhendes Porträt. Rembrandt malte Tronies, auch für andere Täuschungen wurde er bekannt, Trompe-l'Oeils etwa. Im Jahr 1641, als Rembrandt ein "Tronie" mit dem Titel "Das Mädchen im Bilderrahmen" malte, schrieb Descartes seine "Meditationen über die Grundlagen der Philosophie" mit dem berühmten Satz "Cogito ergo sum". Kemp macht mit kunsthistorischer Expertise und "detektivischem Spürsinn" auf die verblüffenden Parallelen aufmerksam, ohne Rembrandt zum Illustrator von Descartes' Ideen zu machen, staunt der Kritiker. Aber die "rationalistische Philosophie" hinter Rembrandts barocken Täuschungen erkennt Steinfeld hier nicht zuletzt dank Kemps kluger Bildauswahl allemal.
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