Feridun Zaimoglu

Isabel

Roman
Cover: Isabel
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2014
ISBN 9783462046076
Gebunden, 240 Seiten, 18,99 EUR

Klappentext

Isabel ist eine schöne Frau, aber nicht mehr schön und jung genug, um weiter zu modeln, und nicht anerkannt genug, um als Schauspielerin an die großen Rollen zu kommen. So arbeitet sie als Gelegenheitsdarstellerin, ist mit der Liebe am Ende, verlässt ihren Freund und beschließt, ihr Leben neu zu entwerfen. Es ist die Zeit nach den Sensationen, sie verabschiedet sich von der Lust und wählt den Weg in die Keuschheit. Nachdem es auch ihren Eltern trotz großer Anstrengungen nicht gelungen ist, ihr einen passenden Heiratskandidaten zuzuführen, trifft sie Marcus, und es beginnt die Geschichte von Isabel und dem Soldaten. Marcus ist ein Kriegsheimkehrer aus dem Kosovo-Einsatz, traumatisiert und nur daran interessiert, eine aufs Nötigste reduzierte Existenz zu führen. Ihre Begegnung verändert beider Leben und führt sie auf eine faszinierende und bedrohliche Reise in Marcus' Vergangenheit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.03.2014

Zaimoglus Figuren leiden oft unter seelischen Verletzung, stellt Katharina Granzin eingangs fest und verortet den neuen Roman des Autors umgehend in diesem Motivzusammenhang. Denn auch dessen Titelfigur ist ein solcher Mensch, dessen Probleme, Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, sich dem Leser allerdings nicht ohne weiteres voll offenbaren, berichtet die Rezensentin, die sich im weiteren vor allem der literarischen Ästhetik Zaimoglus widmet: Wie schon in "Ruß" beobachtet sie Ansätze eines Kriminalromans, dessen Fäden allerdings nur lose aufgegriffen werden und "angesichts des großen Daseinsdurcheinanders (...) ins Leere" laufen. Auch ist der in kurzen, doch literarisch in keineswegs banalen Sätzen verfasste Roman auffällig an der Gegenwärtigkeit des jeweiligen Moments interessiert, was schon die Fülle an rhythmisch sensibel konstruierten Dialogen verrät. Doch trifft nicht alles auf das Wohlwollen der Kritikerin: Dafür, dass der auch wegen seiner Verortung nahe dem Alexanderplatz an Döblin erinnernde Roman sich sehr für soziales Elend interessiert, interessiert er sich doch auffallend wenig für dessen Ursachen - ganz im Gegensatz, wie Granzin abschließend lakonisch anmerkt, zur Topografie des Orts, die vor diesem Hintergrund irritierend detailliert beschrieben wird.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.03.2014

Der neue Roman von Feridun Zaimoglu ist nicht nur "spannend", man kann sich auch schön darin verlieren, nur um sich später dann doch wieder zurecht zu finden, findet Detlef Kuhlbrodt. Ansonsten wägt der Rezensent beim Flanieren durch diesen Roman und dessen niederschlagend gezeichnetes Berlin deutlich ab: Manche Ecke in Berlin und dessen Bewohner erscheinen ihm durchaus etwas klischeehaft, auch stört es ihn ein wenig, wie häufig der Autor seine Protagonisten durch Berlin streifen lässt, als ginge es darum, einem touristischen Lesepublikum die Sehenswürdigkeiten Berlins zu präsentieren. Nicht zuletzt gibt es hier auch "viel Gewalt" und gelegentlich "wird es sexuell", allerdings nicht unbedingt zur Freude der Beteiligten, stellt Kuhlbrodt bei seinem losen Erkundungsgang durch diesen Roman fest.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.03.2014

Warum? An dieser Frage arbeitet sich Jens Jessen angesichts der selbstauferlegten Unbill der Hauptfigur Isabel in Feridun Zaimoglus jüngstem Roman ab. Die aus gutbürgerlichen türkischen Verhältnissen stammende Isabel begibt sich ohne Not in Deutschland in die Abgründe der Obdachlosigkeit, Armenspeisung und Kleiderspenden. Warum sie dieses elende Leben am Rand der Gesellschaft wählt, erklärt der Autor nicht und die Frage kristallisiert sich für den Rezensenten zum "blinden Fleck" des Romans, der seine Leser zutiefst verunsichert. Sehr genau registriert Jessen, wie die Protagonistin hier mit einem Afghanistanveteran an ihrer Seite die Umkehrung einer Emanzipation vollzieht, und wie fein der Roman konstruiert ist. Hier entdeckt der Rezensent allerdings auch die "Schwäche" des Buches, das seinen Lesern anstelle von Nachvollziehbarkeit eben Konstruktion bietet. Sehr beeindruckt ihn dann aber wieder, dass der Autor wirklich jeden Ton der deutschen Literatur beherrscht, auch den des Expressionismus. Insgesamt lässt ihn das Buch zwar etwas ratlos zurück, eines aber ist er gewiss: Bei Zaimoglu handelt es sich um einen "Meister" der deutschen Sprache.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.02.2014

Das Happy End als Alptraum erlebt Wiebke Porombka einmal mehr in einem Roman von Feridun Zaimoglu. Die "sperrige" Ästethik des Autors geht für die Rezensentin erstaunlicherweise wiederum auf, wenn Zaimoglu seine randständige türkischstämmige Heldin durch ein sozial und menschlich so gar nicht sexy aussehendes Berlin begleitet. Die atmosphärische, höchstens von der latenten Wut der Protagonistin unterströmte Kälte empfindet Porombka nicht zuletzt auch durch die Sprache, die der Autor so weit es geht reduziert. Unsinnlich wie die gezeigte Welt erscheint sie Porombka, ausgehungert und von einem namenlosen Schicksal stumm gestellt. Wenn jemand psychische Abgründe und Ängste darzustellen vermag, dann Zaimoglu, meint die Rezensentin, wenngleich ihr die Experimentierfreudigkeit des Autors in diesem Roman eher noch gedrosselt scheint.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.02.2014

Meike Fessman findet auch nicht ein kuscheliges Plätzchen in diesem Roman von Feridun Zaimoglu. Alles expressionistisch hart, zornig, brutal und mager. Sogar die Sprache, erklärt die Rezensentin, die das als große Kunst deutet und den Autor zum Wichtigsten zählt, was die deutsche Literatur zu bieten hat. Trotz ungemütlicher Atmo folgt Fessmann der prekär lebenden Heldin quer durch Berlin. Das liegt auch an Zaimoglus einfühlsamer Figurenzeichnung und seinem Sinn fürs Detail. Was im Club so zwischen Mann und Frau abgeht, lernt Fessmann hier und auch, welcher Gewalt Frauen in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind und was kulturelle Missverständnisse anrichten.
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