Curdin Ebneter (Hg.), Erich Unglaub (Hg.)

Erinnerungen an Rainer Maria Rilke

3 Bände
Cover: Erinnerungen an Rainer Maria Rilke
Nimbus Verlag, Wädenswil 2022
ISBN 9783907142875
Broschiert, 1450 Seiten, 98,00 EUR

Klappentext

Der Sohn eines Eisenbahnbeamten, der wie Onkel und Mutter eine Schwäche für den Adel hatte. Der Ehemann, den es aus dem norddeutschen Moor nach Paris zog. Der Kriegsgegner, dessen Cornet in den Schützengräben beider Seiten gelesen wurde. Der heimatlos Umherziehende, der manchmal in Schlössern zu Gast war. Ein Liebling der Frauen, der auf mönchische Zurückgezogenheit hielt. Der Turmbewohner im Wallis, der zwei der berühmtesten Gedichtzyklen der Weltliteratur schuf. Doch was weiß man wirklich über den Menschen Rainer Maria Rilke? Kaum ein anderer Autor scheint besser geeignet, en face porträtiert zu werden als Rilke - schon sein Äußeres wirkte auf viele Zeitgenossen faszinierend: seine eisblauen Augen, sein Seehundschnauzbart und seine sensiblen Hände. Rätselhaft erschien sein bindungsloses Leben zwischen Prag, Berlin, München, Worpswede, Wien, Venedig, Rom und Duino. Vor allem aber übte seine Dichtung eine magische Anziehungskraft aus - eine Wirkung, die bis heute nicht nachgelassen hat. Verfestigt hat sich dabei das Bild eines großen Dichters, dessen Aura ihn von aller Lebensnähe entrückt. Folgerichtig erschienen die Ausgaben seiner Briefe meist ohne die Antworten seiner KorrespondentInnen; die Erinnerungen von Literaten, Freunden, Verehrerinnen und Zufallsbesuchern wurden, wenn überhaupt, nur an ephemeren Orten publiziert. Kaum rezipiert sind schließlich die aufschlussreichen fremdsprachigen Rilke-Erinnerungen aus Skandinavien, Rußland, Frankreich und Italien. Mit dem 4. Band der Reihe En Face liegt erstmals eine umfassende Sammlung von Berichten vor, die Rilke aus der Perspektive seiner Zeitgenossen zeigen; darunter sind prominente Namen wie Stefan Zweig, Thomas Mann, Jean Cocteau oder Boris Pasternak, aber auch Stimmen von nebenan.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.10.2023

Noch drei Jahre, bis sich Rilkes Todestag zum hundertsten Mal jährt, aber schon jetzt erscheinen erste Bände, staunt der hier rezensierende Schriftsteller Ulrich Holbein, der mit der Reihe "En face" gleich einen neuen "Meilenstein" ausmacht. Zahlreiche Rilke-Experten haben für diese drei Bände zu Rilke etwa 800 Dokumente von Zeitzeugen zusammengetragen - entstanden ist ein "berauschendes Gigantpanorama", das uns Rilke noch ein wenig näher bringt, versichert der Kritiker. Das Mitgefühl und die Bewunderung überwiegen in dem Werk, aber vor Holbeins Augen setzt sich auch das Bild eines "belächelbaren Dichterlings" mit Akne, Mundgeruch und fliehendem Kinn zusammen, der lieber Parmaveilchen aufstellte als Gasrechnungen zu bezahlen. Aber natürlich war Rilke weit mehr als der "Spatz mit Pfauenfedern", wie ihn Georg Heym einst verunglimpfte. Die hier versammelten Essayisten, Privatgelehrten und adligen Kunstschriftsteller rühmen Rilkes Sanft- und Kultiviertheit, Frauen schmeichelten ihm und man sah nachsichtig darüber hinweg, dass man Rilkes keineswegs einfach zum Essen traf, sondern ihm allenfalls zum Dinieren begegnen durfte, resümiert der Rezensent, der in den drei Bänden viel neuen Stoff für die folgende Rilke-Forschung entdeckt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.06.2023

Rezensentin Rose-Maria Gropp schwelgt in dem von Curdin Ebneter und Erich Unglaub herausgegebenen Band mit Zeugnissen von Rilkes Zeitgenossen an den Dichter der Duineser Elegien. Dass die Texte von Hofmannsthal bis Paula Modersohn-Becker nicht immer schmeichelhaft sind, dass sie auch immer wieder auf das Werk Bezug nehmen und die nervöse Existenz Rilkes facettenreich beleuchten, gefällt Gropp gut. Die ergänzende Quellen-Arbeit der Herausgeber lobt sie als vorbildlich und erschöpfend. Eine spannungsreiche Fundgrube für Rilke-Fans, meint sie.
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