Tomas Gonzalez
Horacios Geschichte. Roman
Edition 8, Zürich 2005
Aus dem Spanischen übersetzt von Peter Schultze-Kraft und Gert Loschütz unter Mitarbeit von Jan Weiz. Mit einem Nachwort von Peter Schultze-Kraft . Fontane hat mit koketter Bescheidenheit über sein Meisterwerk, den Stechlin, gesagt: "Zum Schluss stirbt ein Alter, und zwei Junge heiraten sich - das ist so ziemlich alles, was auf 500 Seiten geschieht." Ähnlich knapp ließe sich der Inhalt von Horacios Geschichte wiedergeben: Ein etwas neurotischer Mann, der eine große Familie hat, Antiquitäten sammelt, an seinem Auto hängt, viel raucht, sich zwei Kühe hält und am Ende stirbt.
Geschildert werden die letzten 20 Monate von Horacios Leben, zu dem die trivialen Unterhaltungen und Vorkommnisse des Alltags ebenso gehören wie Krankheiten und Unglücksfälle in der Familie. Eine einfache, unspektakuläre Geschichte, die dadurch zum Meisterwerk wird, dass der Autor eine eigene Sprache gefunden hat, mit der er den Leser, die Leserin fern von den 'Markenzeichen' der kolumbianischen Literatur - dem magischen Realismus, dem 'miserabilismo', dem Auswalzen der Gewalt - empathisch und kompetent an seine Figuren heranführt und diese lebendig, verständlich, einmalig macht. Dabei entsteht das Porträt einer kleinbürgerlichen Familie, deren Mitglieder sehr aufeinander bezogen sind und sich unentwegt besuchen - und trotzdem einsame Menschen bleiben.