Trezza Azzopardi
Was ich nicht vergessen darf. Roman
Berlin Verlag, Berlin 2005
Aus dem Englischen von Monika Schmalz. Winnies Koffer wurde gestohlen. Mitten in der Nacht, von einem Mädchen mit brandrotem Haar, verräterisch leuchtenden Haaren, wie Winnie selbst sie einmal hatte, früher, als sie noch Lillian hieß, oder Patsy. Nichts ist der alten Frau nach diesem Raub geblieben. Der Koffer hat sie seit Kindertagen begleitet, er enthielt kaum etwas, und doch alles, was sie besaß, alles, was sie mit ihrem Leben verband, über das sie längst aufgehört hat, nachzudenken. Die Überlebensstrategie dieser bettelarmen und radikal einsamen alten Frau ist bislang der feste Tagesplan gewesen: Früh zum Markt, Obstkisten besorgen als Brennholz, um in dem verlassenen Schusterladen zu heizen, in dem sie haust, etwas zu Essen auftreiben, den Leuten zuschauen, nicht nachdenken, sich nicht erinnern an das, was verloren ist. Doch wie es scheint, war diese Ausblendung nur möglich, solange es die greifbaren Erinnerungsstücke im Koffer gab. Unter dem Eindruck des Verlusts lässt sich die Erinnerung nicht länger zurückdrängen, und Winnie beginnt zu erzählen.