Scherwitz. Der jüdische SS-Offizier

Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2004
Jude? SS-Untersturmführer? KZ-Kommandant? Mörder? Oder Judenretter und Justizopfer? Wer war Eleke Scherwitz? "Am 26. April 1948 wird Dr. Eleke Scherwitz, Regionalleiter für die Betreuung der Opfer des Nationalsozialismus in Oberschwaben, als mutmaßlicher Kriegsverbrecher verhaftet." Mit diesem Satz beginnt Anita Kugler ihre Biografie über einen Mann, dessen Name und Herkunft unklar sind, der Kindersoldat bei einem Freikorps in Litauen war und sich später zu einer der seltsamsten Figuren in der Geschichte der SS entwickelte. In Riga leitete er das KZ-Außenlager "Lenta", in dem Luxusgüter für SS-Offiziere hergestellt wurden. Die bei ihm beschäftigten jüdischen Handwerker nannten ihn "Chaze", Kamerad, Beschützer, Lebensretter. Es war ein Konzentrationslager, in dem es alles gab, außer der Freiheit. Gleich nach dem Krieg behauptete Scherwitz, in Wahrheit Jude zu sein, und jeder wollte ihm glauben. Unter amerikanischer Besatzung begann er eine antifaschistische Karriere, bis ihn seine Vergangenheit einholte. Ihm wurde vorgeworfen, im Herbst 1944 drei jüdische Häftlinge auf der Flucht erschossen zu haben. Nach drei Prozessen ohne Beweise verurteilte ihn das Schwurgericht München 1950 wegen Totschlags zu sechs Jahren Gefängnis. Seine jüdische Herkunft wurde ihm strafverschärfend angekreidet, die "Tötung eigener Rassegenossen" galt deutschen Richtern als eine "besonders verwerfliche" Tat. Heute fordern ehemalige Häftlinge der "Lenta" seine Rehabilitierung, auch solche, die ihn damals belastet haben. Anita Kugler hat jahrelang in in- und ausländischen Archiven Scherwitz' Spuren verfolgt und mit Zeitzeugen gesprochen. Das Schicksal des "jüdischen SS-Offiziers" ist einmalig, weil sich in seinem Leben die Katastrophen und Absurditäten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verdichten. Nichts ist so, wie es scheint.

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