Valzhyna Mort

Tränenfabrik

Gedichte
Cover: Tränenfabrik
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783518125809
Kartoniert, 86 Seiten, 10,00 EUR

Klappentext

Aus dem Weißrussischen von Katharina Narbutovic. Von der Kindheit in einem Land voller Angst bis zu den Reisen nach Berlin und New York folgen die Gedichte den Stationen ihres Lebens. Lakonie wechselt ab mit zornigem Pathos. Mort experimentiert mit den Formen Kinderlied, Oper, Agitprop-Gedicht ("Und wieder liegt in der Jahres- / bilanz die Tränenfabrik / ganz vorn.") und erzielt surrealistische Effekte ("wie ein erstarrter blitz / steht eine tulpe / auf meinem bett"). Sie ist die stärkste lyrische Stimme aus einem verschlossenen Land.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.08.2009

Valzhyna Morts Gedichte, die nun in einem deutschen Auswahlband vorliegen, haben Rezensentin Ilma Rakusa hingerissen, fasziniert und berührt. Den von Katharina Narbutovic einfühlsam übersetzten Band hält sie für eine "Entdeckung der besonderen Art". Sie hebt hervor, dass die junge Dichterin aus Minsk, die inzwischen in Washington D.C. lebt, ihre Gedichte auf Weißrussisch geschrieben hat. Diese lange unterdrückte melodiöse Volkssprache scheint Rakusa das "adäquate Ausdrucksmittel für Zärtlichkeit, Trauer, Wut und Protest". Die Gedichte erschließen für sie "ganze Welten": west-östliche Landschaften, Alltags- und Märchenszenarien, visionäre Utopien und lakonische Einsichten, Erinnerungsbilder, Todesmetaphern. Beeindruckt haben sie nicht nur der motivische Reichtum der Gedichte, sondern auch ihr Spektrum an Stimmungen. Sie bescheinigt der Dichterin, eine "faszinierende Palette von Bittersüßem und Helldunklem" zu beherrschen, dabei aber nie sentimental zu werden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.07.2009

Für Helmut Böttiger spricht aus den Gedichten der 1981 in Weißrussland geborenen Valzhyna Mort ein "sowjetisches Lebensgefühl", das schon im Titel evoziert wird. Die Lyrikerin geht mit ihren Gedichten weit über sprachspielerische Sprachexperimente hinaus, findet der Rezensent, der zugleich in den Versen eine Musikalität wahrnimmt, die "Schrammelmusik mit Punk- und Kalinka-Elementen" vereint. Besonders hebt Böttiger hervor, dass Mort auf Weißrussisch schreibt, einer Sprache, die in der Sowjetunion nicht gepflegt wurde und die nun als Teil der weißrussischen Identität wieder belebt wurde. Für die Lyrikerin, die heute in Washington DC lebt, ist Russisch die Muttersprache, das Weißrussische wird gleich in zwei Gedichten als "widersprüchliches Konstrukt aus Emanzipation und Einschränkung" thematisiert, erklärt der Rezensent, der in diesem Zusammenhang betont, dass Weißrussland als letzter "offen totalitärer" Staat Europas gelten kann. Aus den Erfahrungen in der Sowjetunion und dem totalitären Weißrussland speist sich dann auch der Hass der Autorin, der gleichwohl nicht politisch, sondern "existentiell" getönt ist, wie Böttiger klarzumachen sucht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.07.2009

Einigermaßen hymnisch bespricht Rezensentin Insa Wilke diesen Lyrikband der "ungewöhnlichen jungen Lyrikerin" aus Weißrussland, die aus ihrer Sicht Weltliteraturformat hat. Wilke vernimmt "die Stimme Baals" aus den Texten, und zwar "mythisch, kraftvoll, unverwüstlich". Manchen Gedichten bescheinigt sie die "Kraft eines Walt Whitman", auch der Umgang mit erotischen Motiven beeindruckt die Rezensentin sehr. Sorgfältig komponiert findet sie diese deutsche Edition zudem, die eigens von der Lyrikerin "komponiert" und durch einen autobiografischen Essay ergänzt worden sei. Ein Riesenlob geht auch an Übersetzerin Katharina Narbutovic, der es aus Sicht der Rezensentin zu verdanken ist, dass die Gedichte auch auf Deutsch "wunderbar tönen".