Valerie Fritsch

Zitronen

Roman
Cover: Zitronen
Suhrkamp Verlag, Berlin 2024
ISBN 9783518431726
Gebunden, 186 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

August Drach wächst in einem Haus am Dorfrand auf, das Hölle und Paradies zugleich ist. Der Vater, von sich und dem Leben enttäuscht, misshandelt seinen Sohn, Zärtlichkeit hat er nur für die Hunde übrig. Trost findet August bei seiner Mutter, die ihn liebevoll umsorgt. Doch als der Vater die Familie verlässt, verwandelt sich die Zuwendung der Mutter: Sie mischt August heimlich Medikamente ins Essen, schwächt das Kind, macht es krank; von seiner Pflege verspricht sie sich Aufmerksamkeit und Bewunderung. Erst Jahre später gelingt es August, sich aus den Fängen der Mutter zu befreien, ein unabhängiges Leben zu führen, erste Liebe zu erfahren. Doch wie lernt ein erwachsener Mensch, das Rätsel einer Kindheit zu lösen, in der Grausamkeit und Liebe untrennbar zusammengehören? Wie durchbricht er den Kreislauf von Lügen und Betrügen? Und was passiert, wenn sich dieser Mensch, Jahre später, an den Ursprung des Schmerzes zurückwagt?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.03.2024

Einen typischen Roman von ihrem "Schreibtisch aus dem Grand Hotel Abgrund" hat Valerie Fritsch hier vorgelegt, meint Rezensent Klaus Nüchtern: alles in dieser erzählten Welt ist verkommen und düster. Die Hauptfigur August Drach hat von Kindesbeinen an ein schweres Schicksal, vom gewälttätigen Vater kommt er zu Mutter mit Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom. Aber auch alles andere an diesem Schauplatz ist von einer "exquisiten Patina des Ruinösen" überzogen, so der Kritiker, die Dorfbewohner sind suizidär und desillusioniert, Wärme und Empathie gibt es nicht. Gewalt besetzt jeden Winkel dieses Romans, so der Rezensent. Allerdings sieht er auch die Sprache selbst von ihr bedroht: die "metaphorische Massenkarambolage", die Fritsch hier veranstaltet, scheint Nüchtern eher auf die Nerven zu gehen - unter anderem bedient sich die Autorin bei ihren Vergleichen inflationär in der Begriffswelt der Mode ("Mantel des Schweigens"), seufzt der Kritiker. All das zeugt von einem Maß an "zynischem Kalkül", wie es der Rezensent noch selten gesehen hat.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 06.03.2024

Valerie Fritsch schildert in ihrem neuen Roman einen "Echoraum der Gewalt", schreibt Rezensent Christoph Schröder. Der Roman ist dabei in zwei Teile unterteilt. In dem einen lebt der junge August Drach in einer dysfunktionalen Familie: Der Vater schlägt ihn und verschwindet später spurlos, die Mutter sehnt sich nach einem glamourösen Leben und macht ihren Sohn nach dem Verschwinden des Vaters krank, resümiert Schröder. Im anderen Teil wird er von einem Arzt von seiner Mutter getrennt und lebt fortan mit den Schäden, die ihn seine Familie bereitet hat, welcher er allerdings nicht versteht, lesen wir. Gut recherchiert wirkt dieses "originelle Sujet" allemal, bemerkt Schröder.  Die Autorin vermag es, die Empfindungen ihrer Figuren zu beschreiben, ohne ihnen die Geheimnisse zu nehmen, lobt der Kritiker. Ein eindrucksvoller Roman von einer "großen Erzählerin", schließt Schröder.