Ulrich Menzel

Wendepunkte

Am Übergang zum autoritären Jahrhundert
Cover: Wendepunkte
Suhrkamp Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783518127957
Taschenbuch, 349 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Wohin steuert die Welt? Die internationale politische und wirtschaftliche Ordnung sowie deren Erklärungsmodelle sind durch eine Krisenkaskade erschüttert worden, die mit Putins Angriff auf die Ukraine ihre Klimax erreicht hat. Vor diesem Hintergrund identifiziert der renommierte Politikwissenschaftler Ulrich Menzel die Wendepunkte einer Welt in Aufruhr. Die Globalisierung ist entzaubert, die USA und China ringen um die Hegemonie. Wir erleben eine Rückkehr alter Grenzen, der Anarchie der Staatenwelt, des Autoritären (weltweit und in den liberalen Gesellschaften), ja sogar des Krieges in Europa. Stehen wir am Übergang vom liberalen amerikanischen zum autoritären chinesischen Jahrhundert? Wie soll sich Europa, wie soll sich Deutschland in dieser Übergangsphase positionieren?

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 21.11.2023

Ulrich Menzel hat dieses Buch aus einer globalgeschichtlichen Perspektive geschrieben, so Rezensent Jens Balzer. Was sich darin ausdrücke, dass der Autor in Zeitdimensionen denke, die viele Jahrhunderte umfassen. So zeichnet Menzel laut Balzer nach, wie verschiedene Machtblöcke - China, muslimische Welt, westliche Welt - schon seit 1000 Jahren um Vorherrschaft ringen, wobei zunächst Mongolen, dann Chinesen und schließlich, dank des europäischen Kolonialismus, der Westen die Vormacht errang. Nun, das steht Balzer zufolge für Menzel fest, ist die Zeit des Westens wieder vorbei und zumindest im nächsten Jahrhundert wird wieder China dominieren. Was für den Autor, führt der Rezensent aus, bedeutet, dass nicht nur die Demokratie, sondern auch der Kapitalismus an Einfluss verlieren wird, da China nicht auf kapitalistische Erträge, sondern auf ein Rentenmodell setzt. Ganz überzeugt ist Balzer von diesem letzten Punkt nicht, da Chinas Strategie, andere Staaten in die wirtschaftliche Abhängigkeit zu treiben, durchaus mit dem Modell des europäischen Kolonialismus vergleichbar ist. Europa jedenfalls sollte, so Menzel laut Balzer, in Zukunft seinen eigenen Weg gehen. Ob es dazu in der Lage ist, ist allerdings unklar, so ein ernüchterter Balzer mit Menzel.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.10.2023

Bei der Lektüre von Ulrich Menzels neuem Buch konstatiert Rezensent Robert Probst, auch im Vergleich zu ähnlichen Werken, ein fortbestehendes Interesse der LeserInnen daran, Weltordnungen erklärt zu bekommen. Mit Blick nicht auf die Gegenwart, sondern auf die Geschichte liefert Menzel eine solche Deutung: Er schaut sich die "langen Linien vom Aufstieg und Niedergang der Mächte" seit dem 15. Jahrhundert von Venedig bis China an und arbeitet wichtige Muster und Entwicklungen heraus, lobt Probst. So kann er insbesondere aus den Schlüssen, die Menzel zum Aufstieg Chinas als Weltmacht auch durch deutsche Duldung und Untätigkeit zieht, herausfiltern, dass Europa die USA mehr unterstützen muss, um eine "autoritäre Weltordnung unter der Führung Chinas" zu verhindern, die noch mehr Unordnung mit sich bringen würde, wie er resümiert.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.10.2023

Interessiert, aber nicht in Allem überzeugt liest Rezensent Jan Pfaff Ulrich Menzels Buch über die aktuelle Weltlage, das von der These ausgeht, dass der Ukrainekrieg nur eine Wegmarke ist in einem umfassenderen Wandel: dem Ende der amerikanischen Hegemonie und dem Beginn einer chinesischen, die sich allerdings noch nicht voll durchsetzen kann. Menzels hegemonietheoretischem Ansatz zufolge kommt es in solchen Zwischenphasen oftmals verstärkt zu militärischen Auseinandersetzungen, so Pfaff. Das Buch, das auch einige bereits ältere Aufsätze enthält, stellt laut Rezensent dar, wie in der Geschichte hegemoniale Mächte die Geschicke der gesamten Welt ändern, wie dies etwa Portugal durch seinen Aufstieg zur dominanten Seemacht gelang. Bezogen auf jüngere Ereignisse wendet Pfaff allerdings ein, dass der Ukrainekonflikt doch etwas Neues ist, weil sich damit Kriegsführung als Element der Politik vehement zurückmeldet. Auch sei die Zukunft durchaus offener als der Titel suggeriert, worauf freilich auch Menzel verweise, der die Möglichkeit einer Rückkehr der USA in die Rolle des Hegemons nicht ausschließe.