Simon Shuster

Vor den Augen der Welt

Wolodymyr Selenskyj und der Krieg in der Ukraine
Cover: Vor den Augen der Welt
Goldmann Verlag, München 2024
ISBN 9783442317240
Gebunden, 528 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von von Henning Dedekind, Karsten Petersen und Thomas Stauder. "Das Volk der Ukraine will Frieden. Die Staatsführung der Ukraine will Frieden. Sie tut alles dafür, was sie kann. (...) Doch wenn ihr uns angreift, werdet ihr unsere Gesichter sehen, nicht unseren Rücken." Seit er, nur wenige Stunden vor dem Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022, diese Worte an die russische Regierung und die Weltöffentlichkeit richtete, fasziniert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Menschen in aller Welt. Scheinbar über Nacht wurde der einstige Comedian zum globalen Helden, zum Verteidiger der freien Welt, zum Kriegspräsidenten wider Willen, dessen perfekt inszenierte Social-Media-Auftritte den Verlauf des Krieges entscheidend beeinflussen sollten. Time-Korrespondent Simon Shuster berichtet seit Beginn der russischen Invasion aus dem Inneren des Präsidentenpalasts, zweimal ist er mit dem ukrainischen Präsidenten an die Front gereist. Er hat Zugang zu Selenskyi, seiner Frau, seinen Freunden, seinen hochrangigen Mitarbeitern und Beratern.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.03.2024

Rezensentin Renate Nimtz-Köster lernt durch Simon Shusters Buch den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski besser kennen. Shuster zeichne Selenskis Werdegang vom Fernsehkomiker zum Präsidenten nach, der besondere Fokus der Biografie liegt jedoch auf den Veränderungen, die der Angriff Russlands im Jahr 2022 in ihm ausgelöst haben. Kaum jemand hatte, so Nimtz-Köster mit Shuster, dem Politiker zugetraut, zum Kriegspräsidenten zu werden, aber er zeigte von Anfang an Entschlossenheit, insbesondere in seinen Ansprachen an das eigene Volk sowie seinen geschickt platzierten Appellen an Verbündete. Auch Kritik an Selenski kommt der Rezensentin zufolge zur Sprache, etwa hinsichtlich des Verbots russlandfreundlicher Fernsehsender. Dass Selenski sich zum Autokrat wandelt, glaubt Shuster laut Nimtz-Köster jedoch nicht, der Politiker lehnt Personenkult ab und begeistert sich mehr für Charlie Chaplin als für dominante Politiker wie Winston Churchill.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.02.2024

Interessiert liest Rezensentin Barbara Oertel Simon Shusters kenntnisreiches Buch über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Weniger eine klassische Biografie ist das, stellt Oertel klar, als eine Studie über Selenskyjs Rolle im Konflikt mit Russland, verbunden mit Überlegungen Shusters, der bei mehreren Reisen zu Selenskyjs Entourage zählte und auch sonst ein ausgewiesener Russland- und Ukraineexperte ist. Shuster beschreibt, erfahren wir, dass Selenskyj lange auf eine Einigung mit Putin hoffte, und dass er oft allergisch auf Kritik reagiert, was unter anderem der jüngst entlassene Oberkommandierende der Streitkräfte Walerij Saluschnyj zu spüren bekam. Shuster ist sich laut Oertel nicht sicher, ob Selenskyj die ihm in Kriegszeiten gewährten Vollmachten wieder abgeben wird, wenn die Demokratie zurückkehrt. Die deutsche Veröffentlichung des Buches ist, so die Rezensentin zum Schluss, um ein nicht allzu aufschlussreiches Time-Interview mit Olaf Scholz erweitert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.01.2024

Rezensent Michael Mayn kann diese Biografie des ukrainischen Präsidenten Selenski nur empfehlen - wobei, eine richtige Biografie ist es eigentlich nicht, meint er, Kindheit und Jugend kommen kaum vor. Autor Simon Shuster hat eher eine lange Reportage über Selenskis Entwicklung vom Komiker zum Präsidenten geschrieben, mit langen Einschüben zur jüngeren Geschichte der Ukraine, erklärt Mayn, dem besonders gut gefällt, dass Shuster das meiste macht aus seinem "ausgezeichneten Zugang" zu Selenski, andererseits aber "kein Selenskyj-Fanboy" ist. Auch die Spannung zwischen Selenski und seinem Armeechef Walerij Saluschnyj werde hier thematisiert. Und natürlich die Veränderung, die die letzten zwei Jahre bei Selenski ausgelöst haben, so Mayn. Und hier ist Shuster zögerlich, denn er sieht durchaus die Verhärtungen, die Einschränkungen des Diskurses im Umfeld des Präsidenten, aber auch in der Ukraine insgesamt. Doch war für ein Präsident Selenski wirklich ist, da ist sich Mayn mit Schuster einig, wird sich erst nach Ende des Krieges zeigen. Wenn es die Ukraine dann noch gibt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 20.01.2024

Große Literatur, die große Emotionen auslöst, ist das, schwärmt Rezensentin Anna Prizkau nach der Lektüre des Buchs Simon Shusters, und doch auch wieder keine Literatur, schließlich geht es um die realen Erfahrungen, die Wolodymyr Selenskyj auf dem Weg zur ukrainischen Präsidentschaft und vor allem im Verteidigungskrieg gegen die russischen Invasoren gemacht hat. Time-Reporter Shuster hatte Selenskyj schon vor dessen Präsidentschaft getroffen und er zeichnet laut Kritikerin keineswegs ein einseitiges Heldenportrait, etwa, wenn er über den propagandistischen Tonfall einer Sendung des einstigen Fernsehkomikers schreibe. Das Buch setzt mit dem Überfall Putins auf die Ukraine an, und Prizkau lernt aus Shusters Buch auch, dass Selenskyj die Situation lange falsch beurteilt, nicht mit der Brutalität der Attacke gerechnet hatte; während gleichzeitig der im Buch ebenfalls prominent auftauchende Walerij Saluschnyj als Oberbefehlshaber der Armee die Situation weitaus realistischer einschätzte. Zu den weiteren Themen des Buchs zählen laut Rezensentin die Belastungen, die Selenskyjs Ehe im Verlauf des Krieges ausgesetzt war, Filmsichtungen im Präsidentenbunker sowie die zunächst zögerliche Unterstützung des Westens. Fast schon einen Lesebefehl möchte Prizkau aussprechen für dieses Buch, das beweist, dass Literatur dabei helfen kann, die Welt besser zu verstehen.