Oscar Wilde

Ein Leben in Briefen

Cover: Ein Leben in Briefen
Karl Blessing Verlag, München 2005
ISBN 9783896672797
Gebunden, 607 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben und kommentiert von Merlin Holland. "Es ist nicht klug, der Welt sein Herz zu zeigen. In einem so vulgären Zeitalter wie diesem benötigen wir alle Masken." So kennt ihn die Welt - Oscar Wilde, den Meister der Selbstinszenierung, der mit Rollenspiel und faszinierenden Posen das Publikum seiner Zeit verzückte und auch verschreckte. In seinen Briefen dagegen erleben wir ihn unverstellt - spontan, warmherzig, freundschaftlich besorgt, boshaft, selbstironisch, berechnend, leidenschaftlich, alltagsnüchtern. In einer sehr persönlichen Briefauswahl bringt sein Enkel Merlin Holland uns den glänzenden Stilisten Wilde nahe, mehr aber noch: den Menschen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.08.2006

Man sollte sich nicht täuschen, mahnt der Rezensent Werner von Koppenfels: Einen Oscar Wilde ohne Maske, ohne Täuschung und Selbststilisierungsmanöver bekommt man auch in seinen Briefen kaum einmal zu sehen - oder nur in Momenten homosexuellen Schmachtens, und dann werde es eher peinlich. Freilich gibt es dann noch, als Bittgesuch aus dem Gefängnis, den Brief, mit dem Wilde, unter "Demutsformeln", vergeblich zu Kreuze kriecht im Brief an den Innenminister. Gerade weil die Unablösbarkeit der "Maske" vom "Wesen" Wildes diesen aber in Leben wie Werk ausgemacht hat, findet Koppenfels diese Auswahl aus mehr als 1500 erhaltenen Briefen höchst lesenswert und instruktiv. Von Anfang an schlägt Wilde die Werbetrommel, und zwar für sich; nachzuverfolgen ist die Sorgfalt, mit der er sich um jede Einzelheit seiner Publikationen sorgte. Als etwas nervtötend kritisiert der Rezensent allein die Kommentare des Herausgebers. Die Übersetzung lobt er als herausragend - von den peinlichen Liebes-Momenten abgesehen, die er aber eher der deutschen Sprache im Allgemeinen zuschreibt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.12.2005

Oscar Wilde sei als Briefschreiber nicht minder "großartig" gewesen denn als Lebemann, zieht Rezensent Andreas Dorschel den Zylinder, und bemüht eine ganze Galerie an rühmenden Adjektiven. Das auffälligste Merkmal, so der Rezensent, sei allerdings die "Absenz von Selbstmitleid". So gelängen Oscar Wilde Einsichten von "soziologischer Klarheit", wenn er nach der Inhaftierung seine Persönlichkeitsverständnis als letztlich fremd bestimmte gesellschaftliche Fiktion entlarve. Aus heutiger Sicht, so der Rezensent, würde man gerne dem prüden England der Vergangenheit alle Schuld für Wildes tragisches Schicksal geben, um unsere aufgeklärte Zeit frei zu sprechen. Doch Wildes "Extrapolationen" würden durchaus auch dem heutigen Zeitgeist die Leviten lesen, beispielsweise wenn es um die Frage nach dem möglichen Geschlecht von Kunst gehe. Von 1562 Briefen habe der Herausgeber und Enkel Oscar Wildes in dieser Ausgabe 400 "plausibel" ausgewählt und sogar einen neu entdeckten Brief an Conan Doyle einfügen können. Dass der berühmte Gefängnisbrief "de profundis" nicht in der Auswahl enthalten ist, erscheint dem Rezensenten rätselhafterweise ebenso "verständlich" wie "fragwürdig". Auf jeden Fall werde diese Briefauswahl in "untadeliger Übertragung" ihre Leser unter anderem zur erneuten Lektüre Oscar Wildes verführen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.12.2005

Wie eine Liebeserklärung an Oscar Wilde liest es sich, wenn Susanne Mayer seine gesammelten Briefe vorstellt. Auf der Suche nach dem einen Wort, das dem aus dieser "aufreibenden Lektüre" sprechenden Wesen gerecht werden könnte, wählt sie schließlich "die Großzügigkeit der Seele". Eine Großzügigkeit und Hingabe, die den in Ungnade geratenen und verfolgten Dichter nicht zur Klage bewegt, sondern ihn dazu veranlasst, "Schönes" zu schaffen. Vieles, so die Rezensentin ergriffen, ist von Wilde zu lernen, nicht zuletzt, "wie Freundschaft zu pflegen ist". Doch "wie wird jemand so? Eine Frage des Charakters, vielleicht auch der Herzensbildung", mutmaßt die dahinschmelzende Rezensentin. Jedenfalls sei es bemerkenswert, wie wenig "scharfe Töne" sich auch in der misslichsten Lage in die Briefe mischen, und wie hingegen die "geistige Schärfe", mit der Wilde sein ästhetisches Programm formuliere, gerade in der Not am größten sei. A propos Ästhetik: Die Aufmachung der vorliegenden Ausgabe, da ist sich die Rezensentin sicher, hätte Wilde wohl kaum gefallen - und ihn in ihrer Kargheit womöglich an seine Kerkerhaft erinnert.