Natsuo Kirino

Die Umarmung des Todes

Roman
Cover: Die Umarmung des Todes
Goldmann Verlag, München 2003
ISBN 9783442309177
Gebunden, 608 Seiten, 23,90 EUR

Klappentext

Aus dem Japanischen von Annelie Ortmanns. Yayoi Yamamoto lebt gemeinsam mit ihrem Mann Kenji in Tokio. Jede Nacht arbeitet sie in einer Lunchpaket-Fabrik, damit sie sich endlich eine eigene kleine Wohnung leisten können. Als Kenji ihr eines Abends gesteht, dass er die gesamten gemeinsamen Ersparnisse verspielt hat, verliert sie die Nerven - und bringt ihn im Affekt um. Verzweifelt versucht Yayoi zusammen mit drei Kolleginnen die Tat zu vertuschen, doch mit jedem Schritt geraten die Frauen immer tiefer in einen unentrinnbaren Sog des Verderbens.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.11.2003

Tobias Gohlis liebt Krimi-Heldinnen, "die den ganzen Schlamassel unserer schönen, heilen, kapitalistischen Welt aufs Korn nehmen. Praktisch-politisch kann frau sich ja auf den Feminismus beschränken, literarisch sehe ich keinen Grund, nicht aufs Ganze zu gehen." Der Krimi der japanischen Autorin Natsuo Kirino scheint ihn in dieser Hinsicht vollkommen zufrieden zu stellen. Sie lässt nämlich vier Frauen, die allesamt am Fließband einer "Lunchpaketfabrik" arbeiten und dort mit den alltäglichen Demütigungen und der Unterdrückung durch männliche Vorgesetzte, Mitarbeiter und Lebenspartner leben müssen, zu skrupellosen Mörderinnen werden. Der Mord am Ehemann einer der Protagonistinnen lässt sie die Lust an Gewalt und Geld kennen lernen, so Gohlis, zeige aber letztlich, dass ihr "neues Leben" letztlich nur eine "üblere Version des alten" darstellt. Der "Basiliskenblick" der Autorin hat Gohlis beeindruckt. Er sieht in dem Buch die "globalisierungszerfressene japanische Gesellschaft" und die Ursachen dafür gelungen aufs Korn genommen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.10.2003

Natsuo Kirino beherrscht die "verhaltene Ästhetik des Kaputten" ganz wunderbar, schwärmt Irmela Hijiya-Kirschnereit. Sehr angetan ist sie von diesem japanischen Kriminalroman, der sich um vier Frauen, einen toten Ehemann, japanische Mafia, Polizei und ganz viel Düsteres drehe. Sie rechnet der japanischen "Starautorin" hoch an, dass sie auf spektakuläre Effekte zugunsten der "Nachzeichnung der dunklen Seite der menschlichen Psyche" verzichte. So gerieten die verschiedenen Reaktionen der vier Frauen, die gemeinsam den ermordeten Ehemann entsorgen wollen und dabei auf unerwartete Abgründe stoßen, sehr intensiv und seien "verblüffenderweise" auch noch mit "dezentem, makabrem Humor" ausgestattet. Das Fazit der Rezensentin lautet dann auch schlicht: "Schriftstellerische Meisterschaft internationalen Ranges".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.08.2003

Natsuo Kirinos Roman "Die Umarmung des Todes" mit seiner "zuweilen komischen, oft makabren und letztlich erschütternden Geschichte" hat Rezensent Urs Schoettli begeistert. Der Roman um eine Frau, die, nachdem sie ihren verschuldeten und treulosen Ehemann umgebracht und die Leiche mit Hilfe von Arbeitskolleginnen beseitigt hat, darauf kommt, wie lukrativ die Beseitigung unerwünschter Leichen sein kann, ist zur Freude Schoettli nicht nur außerordentlich spannend. Er biete zugleich ein "umfassendes Gemälde" der gegenwärtigen sozialen Fehlentwicklungen in Japan - von der Banden- und Kleinkriminalität über soziale Marginalisierung durch neue Armut und Arbeitslosigkeit hin zur die Anonymität des Lebens in den immer gleichen Vororten japanischer Städte. Kirino beleuchte zudem die Probleme japanischer Frauen aus der urbanen Mittelschicht in Beruf und Privatleben. Schoettli attestiert Kirino, die zu Japans populärsten Schriftstellerinnen gehört, ein "bemerkenswertes Erzähltalent". Überzeugt hat ihn, dass die Schilderungen des mit dem Kriminalfall verflochtenen sozialen Umfelds nicht "aufgesetzt wirken". So erhalte der Leser über das lockere Vergnügen einer Kriminalgeschichte wertvolle Einblicke in die japanische Gesellschaft und deren Werte erhält.