Nadine Gordimer

Fang an zu leben

Roman
Cover: Fang an zu leben
Berlin Verlag, Berlin 2006
ISBN 9783827000071
Gebunden, 218 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem amerikanischen von Malte Friedrich. Der Ökologe Paul Bannerman, 35, hat einen festen Job, eine erfolgreiche Ehefrau und einen kleinen Sohn. Er glaubt, das Leben unter Kontrolle zu haben - bis man eine Krebserkrankung diagnostiziert. Er wird zeitweilig sogar zu einer Gefahr für seine Mitmenschen, denn infolge der Behandlung ist er "radioaktiv". Um Frau und Kind zu schützen, begibt sich Paul in freiwillige Quarantäne im Haus seiner Kindheit, umsorgt von den Eltern, Adrian und Lyndsay. Unversehens wird Paul vom Ehemann und Vater wieder zum Sohn - mit weitreichenden Folgen für alle Beteiligten. Paul reflektiert seine Ehe und den Job bei einer großen Naturschutzorganisation, der mit den Ansichten seiner Frau kaum zu vereinbaren ist. Und auch die scheinbar so perfekte Ehe von Adrian und Lyndsay gerät in eine Krise, als verdrängte Emotionen wieder an die Oberfläche kommen und eine unerwartete Wendung in ihrer Beziehung eintritt ...

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.03.2007

Ein Unglück kommt selten allein: Nicht nur hat Nadine Gordimer nach Ansicht von Klaus Harpprecht mit "Fang an zu leben" ein "schwaches" Buch geschrieben, sondern mit Malte Friedrich wurde auch ein Übersetzer engagiert, dem Harpprecht euphemistisch "Schwierigkeiten" mit der deutschen Sprache attestiert. Der Handlung um eine weiße Frau, die ein schwarzes Kind adoptiert, weil ihr Mann zu einer Jüngeren gezogen ist, kann der Rezensent wegen der vielen "Sprünge" ohnehin schwer folgen, da konzentriert er sich lieber voll und ganz darauf, die "ingeniöse" Übertragung in Grund und Boden zu kritisieren. Nadine Gordimer geht aus der Sache aufgrund ihrer früheren Leistungen unbeschadet hervor, dem Verlag aber zürnt Harpprecht ob der sprachlichen Zumutung dann doch gewaltig.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.12.2006

Nicht wirklich gelungen findet Rezensentin Cornelia Gellrich diesen Roman. Zu groß ist darin für ihren Geschmack die Entfernung zwischen Leser und Figuren, zu dick die bürgerliche Watte, in die sie gepackt und vom Leben und seinen Erfahrungen abgeschottet sind. So fangen sie dem Eindruck der Rezensentin zufolge mit dem Leben, wie es der Titel verspricht, gar nicht an. Es geht um einen Mittdreißiger, der an Krebs erkrankt. Nach überstandener Therapie scheint seine Wahrnehmung geschärft, was aber Gellrich zufolge nicht wirklich zu tragenden Einsichten führt - und zwar sowohl, was den Blick auf seine weiße bürgerliche Lebenswelt, als auch auf das Post-Apartheid-Südafrika betrifft. In Pastellfarben male Nadine Gordimer die bürgerliche Wattewelt ihrer Protagonisten. Nur ab und zu lasse sie den Schrecken der Wirklichkeit in ihren "Hochglanzbildern ohne viel Hintergrund" aufblitzen. Am Ende überlasse sie es leider den Lesern, die entstandenen kaum sichtbaren Risse im schönen Bild weiterzudenken.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.10.2006

Hannelore Schlaffer staunt, wie's scheint, nicht schlecht, bei dem Tugend- und Problemkatalog, den die 82-jährige Nobelpreisträgerin Nadine Gordimer in ihrem neuen Roman auffährt und der sich wie eine Liste aktueller Illustrierten-Themen liest. Bei den Schicksalen zweier Generationen einer Familie werde nichts ausgelassen, Krebs, Aids, unerfüllter Kinderwunsch, Sex im Alter usw. Die Figuren des Romans meistern ihre Probleme mit untadeliger ethischer Haltung und ihre zum Besten gegebenen Lebensweisheiten lassen den Roman streckenweise zum "Ratgeber" werden, stellt Schlaffer irritiert fest. Und so urteilt Schlaffer am Ende ziemlich harsch, man solle Gordimer ihren "Ruhm" als große Beschwörerin exotischer Szenarien schlichtweg "aberkennen", weil in diesem Roman davon nichts zu spüren ist. Dafür würde die Rezensentin sie von nun an lieber als "Erbauungsschriftstellerin" geehrt sehen, wie sie ungnädig festhält.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.10.2006

Jörg Magenau zeigt sich enttäuscht über den neuen Roman von Nadine Gordimer. Die Autorin, meint er, war wohl nicht ganz bei der Sache. Dem Buch scheint so ziemlich alles zu fehlen, was man von einer guten Geschichte erwartet. Magenau begegnet konturlosen Figuren, öden, dem Rezensenten wie Plichtübungen erscheinenden Exkursen und einer Autorin, die über dem Staunen angesichts ihres Themas der schleichenden Entfremdung zu erzählen vergisst. Zur Bändigung dieser "springenden" Erzählerstimme schlägt Magenau eine verbindliche Zentralperspektive vor. So, mag er denken, wäre aus dem Buch vielleicht mehr geworden als eine Versuchsanordnung.
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