Marcel Reich-Ranicki

Erst leben, dann spielen

Über polnische Literatur
Cover: Erst leben, dann spielen
Wallstein Verlag, Göttingen 2002
ISBN 9783892445005
Broschiert, 196 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Dieser Band entstand auf den Vorschlag hin, die im Laufe der Jahre und Jahrzehnte entstandenen Artikel von Marcel Reich-Ranicki über polnische Themen in einem Werk zu vereinen. Arbeiten zwischen 1958 und 2001 wurden ausgesucht. Der erste Teil enthält zwei längere Artikel - ein Vorwort zu der Sammlung "Sechzehn polnische Erzähler" und ein Essay über die Rolle des Schriftstellers in Polen. Im zweiten Teil finden sich Aufsätze (Rezensionen, Porträts und Nachrufe) über sechzehn Schriftsteller, die allesamt die polnische Literatur des 20. Jahrhunderts, insbesondere der Zeit nach 1945, geprägt haben - von Bruno Schulz und Jaroslaw Iwaszkiewicz bis zu Slawomir Mrozek und Marek Hlasko. Diese Aufsätze sind nicht Teile eines Ganzen, sondern selbständige Einheiten, die auch allein gelesen werden können und sich allein verantworten sollen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.09.2002

Dirk Uffelmann würdigt diesen Aufsatzband, der 28 Beiträge zur polnischen Literatur versammelt, für sein Verdienst, polnische Schriftsteller einem breiteren Publikum vorzustellen. In den Rezensionen, Autorenporträts und Nachrufen "breche" der einflussreichste Literaturkritiker Deutschlands eine "Lanze" für die hierzulande nur unzureichend bekannte und gelesene polnische Literatur, so der Rezensent anerkennend. Allerdings will er Reich-Ranicki nicht in jedem literarischem Urteil folgen, manche Einschätzung findet er "weniger treffend", wie er zurückhaltend bemängelt. Zudem kritisiert er, dass völlig überholte Fakten in den älteren Kritiken - wie beispielsweise dass Polen ein kommunistisches Land sei - nicht einfach herausgenommen worden sind, so wirke manches für heutige Leser veraltet. Eine "behutsame Aktualisierung" hätte nichts geschadet, so Uffelmann kritisch. Zudem hätte er sich auch die ein oder andere Fußnote zur weiteren Entwicklung einzelner Autoren gewünscht, da manche Texte ja bereits über 50 Jahre alt sind. Den Einsatz Reich-Ranickis findet der Rezensent zwar lobenswert. Doch für ihn klingt das Ganze ein bisschen so, als versuche sich "aus der Ferne ein einsamer Rufer" bemerkbar zu machen. Dass dies nachhaltig gelingt und neue Leser der polnischen Literatur gewonnen werden, bezweifelt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.08.2002

Im wahrsten Sinne des Wortes zwiegespalten gibt sich Ulrich M. Schmid über die Sammlung von Marcel Reich-Ranickis frühen Aufsätzen und Rezensionen zur polnischen Literatur. Als ganz "hervorragend" lobt er die beiden ersten Beiträge, in denen der Kritiker "kenntnisreich und detailliert" die polnische Literatur und Gesellschaft und analysiert. "Problematisch" findet Schmid allerdings den zweiten Teil, in dem einzelne Autoren vorgestellt werden- für Schmid in einer zu knappen, "feuilletonistischen" Art und Weise. Zudem gebe es eine ganze Reihe von Wiederholungen und Überschneidungen, die in den einzelnen Zeitungsartikeln zwar ihren Sinn hatten, in einem Buch aber eher zu einer "Strapaze" würden. So muss der Leser "dieselben Textportionen immer aufs Neue wiederkäuen". Interessant wird gerade diese Schwäche für den Rezensenten aber dann, wenn die Wiederholungen veranschaulichen, aus welchem beschränkten Inventar an "kritischen Versatzstücken" sich eine "unendliche Anzahl von Lobreden und Verrissen" herstellen lässt.