Karen Duve

Dies ist kein Liebeslied

Roman
Cover: Dies ist kein Liebeslied
Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2002
ISBN 9783821806839
Gebunden, 280 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Eine junge Frau ist auf dem Weg nach London, um eine unerwiderte Jugendliebe ein letztes Mal zu treffen. Im Gepäck hat sie sechs Kassetten, die von sechs Jungen für sie aufgenommen wurden. Ein mißglückter Liebesversuch pro Kassette. Und sie erinnert sich: an Tellerauge, ihren Sandkastenfreund, an ihre Zeit als größtes und dickstes Kind der Klasse und das Froschhospital. An die Demütigungen in der Schule, das qualvolle Familienleben mit dem Nichts von Mutter, dem mit Selbstmord drohenden Vater, der Oma, die nicht alle Tassen im Schrank hat und ihr Bruder, der allabendlich sein Geld küßt. Und an die Schrecken der Diätversuche, den impotenten ersten Freund mit den moosig-pelzigen Zähnen, den ersten Job in der Hundeleinenfabrik, den gescheiterten Therapieversuch, die wilde Zeit als Punk...

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.11.2002

Sehr gut gefallen hat Evelyn Finger dieser Roman, den sie "hoch reflektiert", "vulgär", "spielerisch und subversiv" nennt. Eines aber sei dieser Roman nicht, ein "Spaß". Zwar gibt es viel "Galgenhumor", mit der die Protagonistin, "zu allem fähig außer zur Selbsttäuschung", im Verlauf der Erzählung "aus dem Gefängnis der Kindheit direkt ins Gefängnis des Frauseins" hinüber wechselt. Aber wenn es auch komisch ist, so ist es doch mindestens auch ebenso betrüblich, ein "weiblicher Anton Reiser", findet die Rezensentin. Die Leistung der Autorin besteht darin, meint Finger, ihre Figur "eine Diagnose des eigenen Lebenslaufs" absolvieren zu lassen "in direkter, brillant karikierender Nachfolge der pietistischen Bekenntnisbiografien".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.10.2002

Da gibt sich Gustav Seibt alle Mühe, diesen Roman, an dem er "so viel zu rühmen" findet, uns kräftig anzuempfehlen. Aber weder die von ihm zitierten Passagen noch das ganze Konstrukt des Liebesunglücks eines dicken Mädchens zwischen 1965-1995 kommen so recht überzeugend daher. Immerhin warnt Seibt selbst: "Die Handlung des Romans spielt ästhetisch die Rolle einer erschwerenden Bedingung", - findet aber, dass dies nur dazu führe, "die Kunst der Autorin umso vielfarbiger erstrahlen" zu lassen. Diese Kunst besteht, so Seibt, unter anderem in der "Genauigkeit" mit der sie ihre Beobachtungen wiedergibt und zeigt als Beispiel auf einen Schlagertitel um 1989: "Lambada". Auch das will nicht recht überzeugen. Nur weil all die "Gegenstände, Kleider, Modeartikel, Popmusik" etc. so gut getroffen sind und das dicke Mädchen, nunmehr dicke Frau, mehr Bücher als CDs im Regal hat - anders als ihr "wunderbar durchtrainierter Angebeteter" - soll dies "der erste Postpoproman" sein? Seibt jedenfalls ist davon überzeugt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.10.2002

Wolfgang Schneider lässt keinen Zweifel daran, dass er Karen Duve für eine "außergewöhnliche Erzählerin" hält; doch seine Hoffnungen beziehen sich da eher auf die nachfolgenden Romane der Autorin, die mit ihrem Erstling "Regenroman" vor Jahren Berühmtheit erlangte. Vom aktuellen Buch dagegen ist er ziemlich enttäuscht. Die Lebensgeschichte von Anne, die an chronischem Trübsinn und einer Essstörung leidet, verliere sich leider in einem "Ich-kenn-die-Welt-und-lasse-mir-nichts-sagen-Ton" der Protagonistin, der sich schon bald erschöpft und in der "routinierten Grau in Grau"- Stimmung einer "Schwundform des Entwicklungsromans" mündet, wie Schneider schreibt. Darüber können die wenigen Episoden in diesem "ungeschliffenen Buch" nicht hinwegtäuschen, die das zweifelsohne vorhandene Erzähltalent Duves hervorschimmern lassen, so der Rezensent betrübt.
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