Juri Andruchowytsch

Der Preis unserer Freiheit

Essays
Cover: Der Preis unserer Freiheit
Suhrkamp Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783518128459
Kartoniert, 207 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Ukrainischen von Sabine Stöhr. "They belong to us, they are one of us and we want them in" - auf diesen Satz, der seinem Land die EU-Beitrittsperspektive in Aussicht stellte, hatte Juri Andruchowytsch jahrelang gewartet. Er fiel in Brüssel, drei Tage nach Russlands Invasion der Ukraine. "Tiefes Aufatmen - unter dem Heulen der Sirenen." Sein Essayband "Das letzte Territorium" war vor zwanzig Jahren der Auftakt einer Diskussion, die bis zum 23. Februar 2022 anhielt: Wohin will die ukrainische Gesellschaft? Wo ist der Platz ihres Landes in Europa? Als Rufer in der Wüste warnte Andruchowytsch zu allen sich bietenden Anlässen vor Russlands Großmachtambitionen. Als Sisyphos der europäischen Verständigung bat er darum, die Ukraine nicht aus dem Auge zu verlieren. "Der Preis unserer Freiheit" versammelt Texte, die zwischen 2014, dem Jahr des Euromaidan, und 2023 entstanden sind. Pflichtlektüre für alle, die verstehen wollen, wie es zu dem Unvorstellbaren kommen konnte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.01.2024

Rezensentin Ilma Rakusa fragt sich bei der Lektüre dieser Essays immer wieder, warum Juri Andruchowytschs frühe Warnungen vor der Expansionslust Putins ignoriert wurden. Preise hat er in Deutschland zu Hauf bekommen, aber hat ihm wirklich jemand zugehört? Der ukrainische Autor erkannte schon früh den chauvinistischen Nationalismus Russlands und setzte nach dem Zusammenbruch der SU all seine Hoffnungen auf Europa. Vergeblich, bedauert Rakusa, die von Andruchowytsch auch etwas über die "partisanische Mentalität" der Ukrainer lernt, die auf ihr Selbstbestimmungsrecht bestehen. Andruchowytsch ist überzeugt, dass nur eine echte Niederlage Russlands die Freiheit der Ukraine gewährleisten kann, und dazu müsse der Westen beitragen, wolle er nicht eines Tages selbst russische Raketen auf sich gerichtet sehen. Wer Argumente für einen Beitritt der Ukraine zur EU und für energische Waffenhilfe sucht, wird in diesem Band fündig, verspricht die Kritikerin.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 21.12.2023

Schwer beeindruckt von der wütenden Kraft dieser Essays ist Rezensent Jörg Plath: Er liest die zwischen 2014 und 2023 entstandenen Texte des "wohl bekanntesten Autors der Ukraine" auch als Anklage an die EU, die dem Aggressor Russland nicht entschieden genug die Stirn bietet. Das zeigen Plath die Texte von Juri Andruchowytsch - unter anderem am Beispiel des Massakers von Butscha - in denen Wut, Enttäuschung und Anklage gleichermaßen zum Zug komen. Plath empfiehlt den Band als eine Sammlung von persönlichen Texten, in denen das Erzähltalent des Autors zwar nur episodisch zum Tragen kommt, die ihm aber die Dringlichkeit des Themas nahebringen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 25.11.2023

Als hellsichtigen, klugen Beobachter erlebt Rezensent Jens Uthoff den Essayisten Juri Andruchowytsch, dessen Texte von 2014 bis 2023 in diesem Band versammelt sind. Die schwierige Lage der Ukraine nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kommt ebenso zur Sprache wie die stalinistischen Säuberungen in den 1930er Jahren und die "Geschichtsverkehrung Putins", sodass Uthoff hier einen guten Einblick in die heutige Situation der Ukraine und die Umstände ihrer Entstehung bekommt. Einige Male liest er auch antirussische Passagen, auf die der Autor seines Erachtens aber ein gutes Recht hat - das zeigt ihm auch ein Absatz zum Begriff des Friedens, bei dem Uthoff von Andruchowytsch lernt, dass es "das Recht der Angegriffenen" ist, zu entscheiden, wann ein friedvoller Zustand erreicht ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.11.2023

Insgesamt mit viel Gewinn liest Rezensent Christian Thomas Juri Andruchowytschs Essayband, der Texte aus den Jahren 2014 bis 2023 vereint und sich dem Kampf der Ukraine gegen die russische Aggression widmet. Dieser Krieg begann, insistiert Andruchowytsch laut Thomas, nicht 2022, sondern 2014, mit Putins Annexion der Krim, darauf folgten lange Jahre der ukrainischen Einsamkeit, die sich insbesondere von Europa im Stich gelassen fühlte. Andruchowytsch kritisiert, stellt Thomas klar, auch die ukrainische Politik, vor allem jedoch wendet er sich gegen das europäische Putin-Appeasement und die Zurückweisung gerade der proeuropäischen ukrainischen Kräfte. Eine Besatzung der Ukraine durch Russland wäre schlimmer als eine Fortführung des Krieges, zeichnet der Rezensent Andruchowytschs Position nach, Russland selbst hält der Autor für zerfressen von imperialen Ambitionen, die in Beleidigtsein wurzeln und letztlich auf Vernichtung der ukrainischen Feinde zielen. Streng analytisch argumentiert ist das alles nicht, so Thomas, vielmehr durchbebt von gerechter Wut und Durchhaltewillen.