Julian Barnes

Der Zitronentisch

Erzählungen
Cover: Der Zitronentisch
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2005
ISBN 9783462036169
Gebunden, 256 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Getraude Krueger. Jede Erzählung steht für sich, doch sind alle durch das Thema miteinander verbunden das Altern. Ob die Erzählungen nun im 19. Jahrhundert oder in unserer Zeit spielen, die Menschen nähern sich dem Ende ihres Lebens, dem Ende, das sich in besonderen Erfahrungen und oft irrwitzigen Situationen ankündigt. Sie gehen damit gelassen um oder aufbegehrend, resigniert oder bitter. Die Zitrone, erfährt der Leser in der letzten Erzählung Stille, ist für die Chinesen das Symbol des Todes. In dieser Erzählung über den ausgebrannten Komponisten Sibelius treffen sich die alten Männer an einem (nicht Stamm-, sondern) Zitronentisch, um über ihr Ende zu sprechen: Kopf hoch! Der Tod ist nicht mehr fern.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.11.2005

Sebastian Domsch gefällt, wie sich der Autor Julian Barnes in seinem Geschichtenband dem Thema des Alterns nähert. Dass diese Annäherung so gut funktioniert, liegt nach Ansicht des Rezensenten daran, dass in Barnes' Büchern "der Essayist und der Fabulierer ein ständiges freundliches Kräftemessen aufführen." Und das wiederum führt dazu, dass seine Erzählungen auf verschiedenen Ebenen funktionieren. Einerseits könne man die Erzählungen einfach als gute Unterhaltung goutieren, darüberhinaus aber auch eine "vielfältige und geistreiche Meditation über das Alter" genießen. Barnes ist nach Domschs Meinung ebenfalls im positiven Sinne gealtert. Nun müsse er sich offensichtlich nichts mehr beweisen und besitzt eine inhaltliche und stilistische Bandbreite, die aus einem langen Schriftstellerleben schöpft.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.10.2005

Rezensent Jan Bürger findet, dass man Erzählbände nicht anhand der misslungenen, sondern der gelungenen Stücken beurteilen muss. So stört es ihn nicht, dass es Julian Barnes in einigen Geschichten trotz zahlreicher "schriftstellerischer Kniffe" nicht gelingt, wirkliche Figuren zu zeichnen. Stattdessen schwärmt er von den Stücken "Der Zitronentisch" und "Der Obstbaumkäfig". Im ersten kämpft ein 90-jähriger Mann mit den immer drängender werdenden Gedanken an den Tod, im zweiten kommt ein junger Mann zu der Erkenntnis, dass "angesichts des Todes" sogar die "vernünftigsten Pläne absurd" wirken. Überhaupt geht es in dem Band um das Sterben und damit um ein "Tabu". Barnes konfrontiert den Leser damit, dass "fast alles verlogen ist", was wir über das Alter denken. Dabei baut er Spannung nicht durch Gegenüberstellungen auf, sondern indem er "hochkomplexe" Charaktere entwickelt. Barnes' "Formenreichtum" und "künstlerisches Potenzial" begeistern den Kritiker so sehr, dass er den Eindruck bekommt, der Autor sei "bei Virginia Woolf in die Schule gegangen".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.08.2005

Julian Barness Erzählungen über das Älterwerden und das Alter haben Rezensent Iljoma Mangold nicht wirklich begeistert. Tatsächlich scheint er ein wenig enttäuscht vom neuen Erzählband des englischen Schriftstellers, der nächste Woche den Österreichischen Staatspreis für europäische Literatur erhält. An den Geschichten - meist aus der Perspektive eines jüngeren Menschen geschrieben, der am Beispiel seiner Eltern zu verstehen versuche, was Altwerden heißt - gefällt ihm zwar der Blick auf die Menschen, den er als "zärtlich, aber nicht verklärend" lobt. Aber Mangold hebt hervor: "Als große Literatur überzeugen sie gleichwohl nicht". Das hat seines Erachtens vor allem damit zu tun, dass Barnes versucht, mit den Geschichten "bestimmte Einsichten ins Leben anschaulich zu illustrieren". Daher wirken sie auf Magold oft "wie Dekorationen einer nur mitteloriginellen Lebensweisheit".
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