Joshua Ferris

Ins Freie

Roman
Cover: Ins Freie
Luchterhand Literaturverlag, München 2010
ISBN 9783630872971
Gebunden, 394 Seiten, 19,99 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Marcus Ingendaay. Tim Farnsworth ist ein attraktiver Mann im besten Alter. Seine Frau Jane liebt ihn, trotz mancher Krisen, auch nach all den Jahren noch. Obwohl er meist bis spätabends in seinem Büro in einer angesehenen Anwaltskanzlei in Manhattan arbeitet, mag er seinen Job. Und auch wenn sich seine pubertierende Tochter Becka immer mehr hinter ihrer Gitarre, ihren Rastalocken und einem Polster überschüssiger Pfunde versteckt, bleibt sie für ihn das schönste Mädchen auf der Welt. Er liebt seine Familie, sein Haus und seine Arbeit wie nichts sonst auf der Welt. Und doch steht er eines Tages auf und geht fort. Nicht weil er möchte, sondern weil er muss. Weil ihn nichts mehr halten kann. Er macht sich auf den Weg, hinaus ins Freie.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.10.2010

Tobias Heyl zollt Joshua Ferris Roman um einen erfolgreichen New Yorker Staranwalt, der von seiner rätselhaften Sucht zu laufen zerstört wird, höchste Anerkennung. Er bescheinigt dem Autor, mit "sadistischer Präzision" den Verfall des scheinbar perfekten Leben von Tim Farnsworth, seiner wunderbaren Frau Jane und Tochter Rebecca zu beschreiben: während Tim, dessen Störung sich sämtlichen Diagnosen und Therapieversuchen widersetzt, sich mit zwanghaften Gewaltmärschen zugrunde richtet, greift Jane immer häufiger zur Flasche, wird Rebecca fettsüchtig. Ferris entwirft in seinem Roman, der von Tims "rhythmischem Stampfen" und "intensiven" Bilder gekennzeichnet ist, für Heyl eine Welt, aus der es keinen Ausweg gibt, die dem "Gesetz des Untergangs" unterworfen ist.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2010

Fasziniert zeigt sich Margret Fetzer von Joshua Ferris' zweiten Roman "Ins Freie", dem Porträt eines Staranwalts, der unter einem seltsamen Laufzwang leidet. Das Buch hat für sie etwas unheimliches, gerade weil der Typ des beruflich Erfolgreichen, der zum Ausgleich seinen Sport braucht, durchaus verbreitet ist. Wobei in Ferris' Roman der Laufzwang extreme Formen annimmt. Eine Parabel will Fetzer in dem Buch gleichwohl nicht sehen. Die medizinischen Diagnosen der Hauptfigur helfen dem Leser in ihren Augen nicht weiter. So sieht sie den Leser selbst zum "Spürhund" werden, der eine Ursache für das Leiden des Anwalts sucht. Wie dessen Syndrom zwischen Physis und Psyche schwebe, so schwanke das ganze Buch zwischen "konkreten Beschreibungen und mythischen Dimensionen". Worauf das Werk letztlich hinaus will, bleibt für die Rezensentin unsicher. Doch spricht das für sie nicht gegen das Buch. Dessen "Undeutbarkeit" scheint ihr nämlich die "größte Stärke" dieses Romans.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.09.2010

Angela Schader, die sich wie viele vom überaus erfolgreichen Debütroman Joshua Ferris hat begeistern lassen, tut sich mit seinem zweiten Roman deutlich schwerer. Nach der schwarzhumorigen Komödie um eine Werbeagentur hat sich der amerikanische Autor nun ein ungleich düstereres Thema gesucht, stellt sie klar. Es geht um den erfolgreichen Anwalt Tim Farnsworth, der im Abstand von vier Jahren von rätselhaften Krankheitsschüben heimgesucht wird, die ihn aus seinem angenehmen Leben  hinaus "ins Freie" treiben, erfahren wir. Die Rezensentin findet dieses Motiv zwar durchaus fesselnd, meint aber, dass es nicht tragfähig genug für einen 300-seitigen Roman ist. Zudem stört sie, dass alle anderen Romanfiguren lediglich als "Funktionen" des Kranken erscheinen. Wenn Ferris in die realistische Darstellung dann auch noch Unwahrscheinlichkeiten oder "Forciertes" in die Handlung eindringen lässt, überzeugt Schader das überhaupt nicht. So bleibt ihr nur noch enttäuscht die durchaus "stimmige" Übersetzung ins Deutsche durch Marcus Ingendaay zu loben, der die tiefschwarzen Emily-Dickinson-Gedichtzeilen, die im Original als Kapitelüberschriften dienten, zur Erleichterung der Rezensentin durch knappe Überschriften ersetzt hat.