John Updike

Gertrude und Claudius

Roman
Cover: Gertrude und Claudius
Rowohlt Verlag, Reinbek 2001
ISBN 9783498068783
Gebunden, 240 Seiten, 19,89 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Maria Carlsson. Updike erzählt die Geschichte von Gertrude und Claudius, Königin und König von Dänemark, bis zu dem Augenblick, in dem die Handlung von Shakespeares "Hamlet" beginnt: Gertrude, Tochter König Roriks, heiratet aus Staatsraison den Mann, den ihr Vater für sie ausgesucht hat. Nach Roriks Tod wird der Schwiegersohn König. Gertrude, die ihren Mann noch immer nicht liebt, erliegt ihrem Schwager. Der König kommt dahinter, weshalb man ein bisschen Gift in sein Ohr träufelt. Gertrude und Claudius feiern Hochzeit und nun, nachdem Updike sich so richtig ausgetobt hat, hat sein Kollege Shakespeare das Wort...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.05.2002

Werner von Koppenfels stellt fest, dass John Updike auch in seinem 51. Roman keinerlei Ermüdungserscheinungen zeigt. Diesmal rolle Updike er die Vorgeschichte des Shakespeare-Dramas "Hamlet" auf, wobei er es weder an sprachlichen noch an inhaltlichen Finessen fehlen lasse. Auch Überraschendes lasse sich der Autor dabei einfallen, so z.B. Inversionen bei der Darstellung der Charaktere, die dem Shakespeare-Leser schon bekannt sind. Neben zahlreichen Ironien sei der Roman wohldosiert auch mit literarischen Querverweisen gespickt. Zudem werde beim Lesen deutlich, wie gut Updike recherchiert habe: Darstellung aus dem lateinisch-byzantinischen Kulturkreis wie auch Elemente des höfischen Romans des mittelalterlichen Frankreichs sorgen für Authentizität, lobt der Rezensent. Das einzige, was er zu bemängeln hat, hat nichts mit Updike zu tun: die Übersetzung. Maria Carlson, die immerhin mit dem "Spezialvokabular" umgehen könne, muss hier viel einstecken: Sie sei nicht in der Lage, den "prägnanten Stil" des Originals wiederzugeben, neige zu der "grassierenden Unsitte", einzelne Wörter verbal gedoppelt zu übersetzen und weiche den klaren Stil Updikes durch allzu große Blumigkeit auf.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.12.2001

Es geht um ein uraltes Thema bei Updike, fasst Christopher Schmidt zusammen: das Paar als gesellschaftliche Urzelle. Das Paar heißt Gertrude und Claudius, aus Shakespeares Stück "Hamlet", das bei Updike eine Art später - wenn auch körperlich welker - Liebe und Erfüllung findet. So weit so schön, findet Schmidt, bedauert aber den Verrat Updikes an Hamlet, dem Sohn, der als zwielichtige Figur dargestellt werde. Das Vorwissen um den "Hamlet" reizt natürlich Leser wie Autor. Schmidt erläutert das Konstrukt: Updike erzähle die Vorgeschichte, nach den Quellen, auf die sich auch Shakespeare bezogen habe, und breche an dem Punkt ab, wo das Stück, die Tragödie beginne. Bei Updike gibt es ein Happy end, das Schmidt weniger stört als die schwülstig und "esoterisch aufgeladene" Liebesgeschichte zwischen dem Königspaar. Sie entlarve den Roman als "gelehrte Kulissenschieberei" und weist Schmidt darauf hin, wo Updike lebt: im prüden protestantischen Amerika, wo es solcher "Feiern des Fleisches" wohl noch bedürfe.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.11.2001

Sabine Franke sieht zwar die Qualitäten dieses Buches und würdigt die "Konzeption" des Romans, der sich auf die drei historischen Fassungen des Hamlet-Stoffes stützt und sich dabei besonders auf das Schicksal von Hamlets Mutter konzentriert, doch ist sie insgesamt enttäuscht. Ohne dem amerikanischen Autor den "Elan" oder die Fähigkeit abzusprechen, sich in die historische Welt seiner Protagonisten hineinzudenken, findet sie doch, dass das Buch wider Erwarten kein richtiger historischer Roman geworden ist, weil die zeitgeschichtlichen Details ihr allzu "inventarhaft aneinandergereiht" daherkommen. Richtig genervt ist sie zudem von der breit ausgewalzten "Bettgeschichte"; hier ist der "Bogen überspannt", schimpft sie. Außerdem beklagt Franke, dass die "Botschaften" des Autors mit mangelndem "pädagogischen Geschick" an die Leser gebracht und statt dessen in "dumpfer prosaischer Deutlichkeit" vermittelt werden. Insgesamt sinke im Verlauf des Romans das "Niveau auf allzu banale Weisheiten", meint die Rezensentin, die sich mehr von dem Buch versprochen hat.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.11.2001

Was macht ein betagter Schriftsteller, dem der eigene Erzählstoff ausgeht, fragt Reinhard Baumgart und ist überhaupt nicht überrascht darüber, dass John Updike, der bald siebzig Jahre wird, sich Shakespeares "Hamlet" als Vorlage für seinen Roman genommen hat. Die Geschichte ist bekannt und hinlänglich verarbeitet worden, von Döblin und Hildesheimer etwa, der Stoff und seine Motive wirken in "Effi Briest", "Madame Bovary" und jüngst in "Der Besuch des Leibarztes", weiß der belesene Rezensent. Und doch ist Updikes Werk nicht überflüssig, vielmehr alles andere als das, meint Baumgart. "Reiches Lesevergnügen", ein "kluges, prunkendes und redseliges Buch" verspricht er dem Leser. Überdies auch noch von Maria Carlsson "kongenial", "spielerisch-üppig und gravitätisch" ins Deutsche übersetzt, schwärmt der völlig begeisterte Rezensent.
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