Jenny Odell

Zeit finden

Jenseits des durchgetakteten Lebens
Cover: Zeit finden
C.H. Beck Verlag, München 2023
ISBN 9783406807701
Gebunden, 440 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Annabel Zettel. Mit sechzig Abbildungen. Von morgens bis abends ist unser Leben durchgetaktet: Jeder einzelne Moment wird erfasst, optimiert oder als ökonomische Ressource vereinnahmt - und das macht uns kaputt. Jenny Odell erkundet in ihrem neuen Buch, welche falschen Vorstellungen unser modernes, kapitalistisches Zeitverständnis prägen und wie fernab davon ein menschlicheres, freieres Leben aussehen könnte. Was tun, wenn die Zeit immer zu knapp scheint? Um diese scheinbar einfache Frage zu beantworten, taucht Odell tief in die Geschichte der Menschheit ein. Sie rekonstruiert, wie es zur Einteilung des Tages in 24 gleichförmige, austauschbare Zeiteinheiten kommen konnte. Sie führt uns zur Entstehung der "Zeit ist Geld"-Mentalität an den Fließbändern der tayloristischen Fabrik. Und sie problematisiert die Vermarktung von Entschleunigung als leicht konsumierbare Freizeiterfahrung in Yoga- und Achtsamkeitsretreats. Dabei entlarvt Odell die kapitalistischen und kolonialistischen Wurzeln unserer Zeiterfahrung und zeigt, wie diese untrennbar mit der Zerstörung unserer natürlichen Umwelt verbunden sind.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.12.2023

Keine wirklich gute Zeit hat Rezensentin Katharina Teutsch mit Jenny Odells Buch über die Zeit, die wir alle nicht haben, weil: Kapitalismus. Allzu pauschal ist vieles, was die Autorin über den Zusammenhang von Zeit und Neoliberalismus zu sagen hat, findet Teutsch und moniert, dass Odell stets ziemlich lange braucht, bis sie auf den Punkt kommt. Nicht geradlinig voran geht es in diesem Buch, lernen wir, vielmehr schreibt Odell entlang thematischer Cluster, die mit theoretischen Stichwortgebern wie Lewis Mumford oder Hartmut Rosa in Verbindung gebracht werden. Viel Material ist das, stöhnt Teutsch, die außerdem kritisiert, dass die Autorin zwar lange Zitate einbaut, aber dann wenig selbst mit diesen arbeitet. Stattdessen, heißt es weiter, gibt es zwischendurch Persönliches, zum Beispiel Reflexionen über die Vögel der Gegend, in der Odell lebt. Dann lieber ein klassenkämpferischer Essay wie Luise Meiers "MRX Maschine", meint die Kritikerin.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 14.10.2023

Dies ist kein Ratgeber, wie wir mit unserer Zeit besser haushalten, versichert Rezensentin Andrea Gerk. Vielmehr denke die amerikanische Künstlerin Jenny Odell generell über unser "Zeitverständnis" nach, das vom Kapitalismus geprägt sei. Zu diesem Zweck bezieht sie die Texte des Ingenieurs Frederick Winslow Taylor ein, der die Zeit - oder zumindest die Arbeitszeit - als eine Art Ware ansah. Sympathischer scheinen der Autorin die Zeitkonzepte "mancher indigener Gemeinschaften", die die Rezensentin allerdings nicht näher erklärt. Einschübe über die Natur oder philosophische Betrachtungen gibt es auch, erklärt Gerk, die die Lektüre des Buches manchmal "ermüdend" fand, aber offenbar auch anregend.