Howard Jacobson

Die Finkler-Frage

Roman
Cover: Die Finkler-Frage
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2011
ISBN 9783421045232
Gebunden, 436 Seiten, 22,99 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Bernhard Robben. Julian Tresloves Leben ist ein Scherbenhaufen. Gescheitert als Redakteur der BBC, gescheitert in seinen Beziehungen zu Frauen, gescheitert als Vater seiner zwei Söhne. Eines Abends wird Treslove Opfer eines Überfalls und glaubt zu hören, wie die Angreiferin ihn als Juden beschimpft und ist auf perverse Art glücklich. Endlich gehört er irgendwo dazu. Was nur werden seine beiden Freunde zu diesem Gesinnungswandel sagen? Beide sind Juden und wären es lieber nicht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2011

Geistreich und unterhaltsam sieht Rezensent Thomas Hermann Howard Jacobson die heikle "Gratwanderung" bewältigen, die sein mit dem Booker-Preis ausgezeichneter Roman unternimmt: Der britische Autor reproduziert und reflektiert Vorurteile und Klischees über Juden und spielt dabei auch mit den vorgefassten Meinungen seiner Leser, stellt der Rezensent amüsiert fest. Erzählt wird vom Imitationskünstler und "Stadtneurotiker" Julian Treslove, der, weil er glaubt Opfer eines antisemitischen Anschlags geworden zu sein, für sich das Judentum entdeckt, erfahren wir. Manchmal lässt Jacobson seine Figuren leider gar zu gedankenschwer daherkommen und dann liest sich dieser kurzweilige Roman streckenweise doch wie ein "Thesenroman", muss Rezensent Hermann zugeben. Die Auseinandersetzung mit der Frage, was Jüdischsein eigentlich auszeichnet und welche spezifischen, mitunter "widersprüchlichen" Haltungen damit zusammenhängen, belasten das überschaubare Handlungsgerüst mitunter über Gebühr, so Hermann, der dennoch dankbar ist, dass mit der Literaturauszeichnung nun ein hierzulande fast unbekannter Autor verdiente Beachtung erfährt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.09.2011

Harold Jacobson musste 68 Jahre alt werden, um mit seinem elften Roman endlich mit dem Booker-Preis die Würdigung zu erfahren, die er nach Ansicht von Felicitas von Lovenberg unbedingt verdient. Und erst diese Auszeichnung führte wohl dazu, dass jetzt nach langem wieder ein Roman von Jacobson in deutscher Sprache erscheint - viele andere sollten, findet die Rezensentin, nun folgen. Der Held dieses jüngsten Buchs ist ein Mann namens Julian Treslove, der erstens gerne Jude wäre und zweitens, ebenfalls tragödienhalber, gerne am Tod einer geliebten Frau litte. Beides ist ihm, anders als zwei jüdischen Freund-Feinden, nicht vergönnt. Er unternimmt manches, um seine etwas irren Träume doch zu erfüllen und imaginiert zum Beispiel, er werde als Jude beschimpft. Das ganze ist eine Groteske, die Felicitas von Lovenberg voll überzeugt. So "sarkastisch" wie Jacobson hier habe sich Philip Roth etwa jüdischen Fragen schon lange nicht mehr gewidmet. Etwas bedauerlich findet sie "Sprachwitz"-Verluste im Deutschen, zu denen es trotz grundsätzlicher Verlässlichkeit der Übersetzung von Bernhard Robben wohl unvermeidlich komme.
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