Andreas Maier

Wäldchestag

Roman
Cover: Wäldchestag
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2000
ISBN 9783518411728
Gebunden, 314 Seiten, 20,35 EUR

Klappentext

Sebastian Adomeit wird zu Grabe getragen. Über sein Vermögen kursieren wilde Gerüchte. Adomeit hat seinen Tod so inszeniert, dass die Beerdigung ausgerechnet am Pfingstsonntag stattfindet. Die angereiste Verwandtschaft und all die Sensationshungrigen im Dorf müssen sich aber noch zwei weitere Tage gedulden, denn auch für die Testamentseröffnung ist vom Verstorbenen ein unpassender Termin festgelegt worden: der Pfingstdienstag, an dem man im Frankfurter Raum traditionell im Wald zusammensitzt und Wäldchestag feiert. Andreas Maier lässt seinen Erzähler berichten, was er in Kneipen, auf dem Friedhof, bei den Gesprächen zwischen den Einheimischen und Fremden aufschnappt, was ihm gebeichtet oder vertraulich als todsicher wahr hintertragen wird. So entsteht eine tollkühn erzählte Geschichte über einen gebeutelten Kerl, der der Welt auf beeindruckende Weise eine Nase dreht.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.10.2000

Ulrich Greiner ist geradezu überwältigt von diesem Debütroman. Dem aus dem Harz stammenden Autor sei ein "Geniestreich" gelungen, gleichermaßen komisch wie "philosophisch", schwärmt der Rezensent. Er fühlt sich durch den den gesamten Roman durchgehaltenen Konjunktiv an Thomas Bernhard erinnert, betont aber, dass der Autor keineswegs zu dessen "Epigonen" gerechnet werden kann, denn während Bernhards Bücher rabenschwarz seien, sei dieses Werk "kunterbunt gesprenkelt". Die "Kunst" des Autors zeige sich darin, dass er das fast undurchdringliche Stimmen- und Handlungsgewirr am Ende in eine "völlig schlüssige Geschichte" einmünden lässt, lobt der Rezensent. Er preist das Buch als "gewaltige Leistung", die durch geniale Einfälle und großes Sprachvermögen glänzt. Vor allem aber habe er sich "selten so amüsiert", gesteht der Rezensent hingerissen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.10.2000

Die Technik des komischen Konjunktivs, mit dem Maier seinen Roman erzählt, kommt Sibylle Cramer bekannt vor - sie muss unweigerlich an Thomas Bernhardt denken. Allerdings scheint Maier dann doch nicht ganz ans große Vorbild heranzureichen, denn wo Bernhardt den Konjunktiv zur genauen Charakterisierung seiner Personen nutzt, so Cramer, verschwimmen die Maiers Figuren für sie in einer südhessischen Anonymität. Dennoch konzediert sie dem Roman auch eine Menge Stärken. Bewundernd schildert sie etwa, wie Maier seine Figuren "in bester Theatermanier" vorstellt. Lobend erwähnt sie auch, wie er mit dem titelgebenden Wort "Wäldchestag" umgeht, das sie sehr schön als "Fremdwort aus dem Innern deutscher Heimatlichkeit" beschreibt. Ihre Gesamtbilanz fällt jedoch nicht so positiv aus, denn der Roman hält nicht, was er anfangs verspricht. Ihrer Meinung nach krankt er an Überfrachtung und "verirrt sich in den Stoffmassen eines realistischen Gesellschaftsromans"

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.10.2000

Autor Andreas Maier hat bereits im Sommer den Ernst-Willner-Preis der Klagenfurter Literaturtage und den Literaturpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung erhalten, soeben wurde er für seinen Romanerstling `Wäldchestag` zum aspekte-Literaturpreisträger gewählt. Auch Edo Reents von der Süddeutschen Zeitung schließt sich der allgemeinen Begeisterung an und hofft auf viele Leser für dieses `irritierende Glanzstück`. Eine Provinzposse von ungewöhnlicher Dichte und sprachlicher Gestaltung sei dieser Text. Ausgangspunkt der Erzählhandlung ist der Tod eines unbeliebten Eigenbrödlers aus dem kleinen Florstadt in der hessischen Wetterau, Ausgangspunkt für eine, wie Reents findet, `grandios inszenierte Milieustudie`, so eindrucksvoll, dass er nicht mit Vergleichen auf höchstem literarischen Niveau spart.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.10.2000

Zunächst mal ist Franz Haas alles andere als angetan vom alles beherrschenden Konjunktiv, in dem die Geschichte erzählt ist. Aber dann erwärmt er sich dafür und findet am Ende, dass es kaum anders ginge. Aus einer `krähwinkligen Idylle`, in der gerade der verschrobene alte Adomeit gestorben ist, wird im Verlauf des Romans ein `Panoptikum der deutschen Gegenwart`, findet Haas und spart kaum mit Superlativen in seiner ausführlichen Besprechung. Wie Beerdigung und Gestörtheit des kleinstädtischen Alltags erzählt wird, das Alltägliche der hessischen Kleinstadt selbst als pathologisch und zum Wahnsinn treibend herausgearbeitet, wie der Standort des Erzählers durch die verflixte `Möglichkeitsform` nie recht greifbar wird: das ist in seinen Figuren `seltsam lebendig und grübelnd` vorgeführt, schreibt Haas. Nicht weniger als `ein großer Roman` ist dem jungen Mann aus Bad Nauheim hier gelungen, urteilt ein schließlich begeisterter Rezensent.
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