Alexander Osang

Die Nachrichten

Roman
Cover: Die Nachrichten
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2000
ISBN 9783100576101
Gebunden, 384 Seiten, 20,40 EUR

Klappentext

Jan Landers, 34, ist Tagesschau-Sprecher in Hamburg. Aufgewachsen in Ostberlin, hat er in den Jahren nach der Wende Karriere gemacht - vom Wetterfrosch eines Lokalsenders zu dem Mann, der jeden Abend die Wahrheit der wichtigsten Nachrichtensendung des Landes verkündet. Obwohl er seine ostdeutsche Vergangenheit längst hinter sich gelassen zu haben scheint, ist er doch nie richtig im Westen angekommen. Als sich das Gerücht verbreitet, er habe als "IM" mit der Stasi zusammengearbeitet, reist Landers nach Ostberlin, wo ihm klar wird, wie viel ihn inzwischen von seiner Vergangenheit trennt - und auch, wie viel ihn künftig von seinen neuen Hamburger Freunden trennen wird. Landers Kampf gegen die Gerüchte und um seinen Platz in der Redaktion ist die spannende Geschichte eines Mannes, der erst seine Illusionen und dann sich selbst verliert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 13.01.2001

Auf welch unterschiedliche Weise von Ost und West erzählt werden kann, hat Hans W. Korfmann anhand von Michael Kumpfmüllers Roman "Hampels Fluchten" und Alexander Osangs "Die Nachrichten" für uns herausgefunden. Obgleich Korfmann beiden Büchern zunächst einen dem Leser Geduld abverlangenden Hang zur Behäbigkeit attestiert, kommt er recht schnell auf die feinen Unterschiede zu sprechen, die den einen Roman in seinen Augen eher blass, den anderen durchaus lesenswert erscheinen lassen. Wo Kumpfmüllers Hampel ohne eine Spur von Kausalität und ohne Witz und Spannung agiere bzw. hampele, so teilt uns der Rezensent mit, finde Osang mit seinem Blick auf den Beruf des Informationslieferanten immerhin sein Thema. Und nicht nur das. Osangs Held hat auch etwas auszuhalten: Die Gerüchte über eine IM-Tätigkeit, die den Himmel des ostdeutschen Nachrichtenkönigs verfinstern, sind für Korfmann das Salz in der Suppe. Im Gegensatz zu den syntaktischen Spielereien Kumpfmüllers ("suggeriert dem unbedarften Leser Literatur") ein Grund zum Weiterlesen - meint Korfmann.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.11.2000

Beatrix Langner befasst sich ausführlich mit dem Debütroman des renommierten Journalisten und Reporters Alexander Osang, der früher für die "Berliner Zeitung" arbeitete und mittlerweile für den "Spiegel" schreibt. Ein Ostdeutscher, der im westdeutschen Mediensystem Karriere gemacht hat - genau wie der Nachrichtensprecher, die Hauptfigur im Roman. Für Langner liest sich das als Satire auf die Medienwelt, als Spiegel ost-westlicher Befindlichkeiten sowie - ohne dass sie dies ausdrücklich sagt - als eine Abrechnung mit der Gauck-Behörde. Osang sei ein "unverschämter" Erzähler, meint Langner, was hier positiv gemeint ist, jemand, der gerne und voyeuristisch erzählt; seine Figuren seien überzeichnet, würden aber nie bloßgestellt. Für eine bitterböse Abrechnung oder gnadenlose Analyse habe der Autor allerdings "nicht genug Wut im Bauch" gehabt. Ihn hat der "Blues aller guten Reporter" gepackt, schreibt die Rezensentin. Da schwächelt die Kritik und wird moralisch.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.10.2000

Nils Minkmar kann dem Roman über einem Nachrichtensprecher, der unter Verdacht gerät, für die Stasi gearbeitet zu haben, nicht viel abgewinnen. Das "Unbehagen an den Medien", das der Autor - er arbeitet selbst für den "Spiegel" - formuliert, findet der Rezensent "altmodisch" und überholt. Überhaupt bemängelt der Rezensent, dass der Roman mehr "medientheoretische als literarische Fragen" aufwirft und dem Leser kaum Überraschungen zu bieten hat. Und auch den Teil, der sich als Schlüsselroman lesen lässt, verleihe dem Buch keine Spannung, auch wenn einem von den vielen Namen schwindele. Aber der Rezensent lobt auch ein bisschen: immer wieder gelinge dem Autor mit großer Genauigkeit beobachte "schöne" Figurenporträts. Am besten findet er die Stellen, wo der Protagonist, der aus der Provinz stammt, über seine "kulturellen Unsicherheiten" nachdenkt und damit den Zusammenhang von Geschmack und "Klassenlage" reflektiert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.10.2000

Immer mehr Geschichten aus dem Medienbereich konstatiert Eberhardt Francke, und wenn man vielleicht bald schon vom Genre des Medienromans sprechen darf, so fällt der erste Roman des Spiegelreporters Alexander Osang mit dem bereits darauf hinweisenden Titel `Nachrichten` mit Sicherheit unter diese Kategorie. Spannende Unterhaltung bietet der Roman allemal, so Francke: große Themen wie die Intrigen im Medienbereich, die Ost-Westproblematik und die Arbeit der Gauck-Behörde und ihre Auswirkungen auf Einzelschicksal werden zu einer fesselnden Geschichte montiert, die, wie es Francke formuliert, `das hierzulande ewig herbei geflehte Niveau guter angelsächsischer Unterhaltungsromane spielend erklimmt`. Aus diesem Grunde empfiehlt er den Roman durchaus zur Lektüre, warnt aber gleichzeitig, dass mehr nicht zu erwarten ist. Stil und Erzählperspektive findet er eher flach, die Figuren bleiben karikaturhaft reduziert - Schwächen, so Francke, die für das Genre des Medienromans nicht untypisch sind.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 27.09.2000

Nach Niels Werber geht es dem Autor hier vor allem um das Aufzeigen von "gesellschaftlichen Interessen, welche die Sendung oder Unterdrückung bestimmter Nachrichten motivieren". Andererseits stellt der Rezensent fest, dass Osang darüber hinaus immer wieder Assoziationen lanciert, die an Gemeinsamkeiten der Stasi, aber auch der Gauck-Behörde (die im Roman "Aufklärungsbehörde" heißt) und des Journalismus mit Institutionen der 30er und 40er Jahre denken lassen. Etwa dort, wo der Autor die "Außenstelle Neubrandenburg" auf eine Weise beschreibt, die an die Gestapo erinnert. Auch dass die Behörde des "Bundesbeauftragten Blöger" hier in ehemaligen Stasi-Gebäuden ihren Sitz hat und allem Anschein nicht nur das Mobiliar übernommen hat, ist dem Rezensenten aufgefallen. Schlimm findet Werber diese Andeutungen jedoch nicht, da sie "nur die verschiedenen Meinungen der Protagonisten" wiedergeben. Dass es in diesem Roman kaum noch Unterschiede gibt zwischen Stasi und "Aufarbeitungsbehörde", scheint er sogar eher gut zu finden, weil dadurch gezeigt werde, dass "die Gräben (...) also gar nicht so tief" sind. Insgesamt lobt Werber an diesem Roman, dass die Unterschiede zwischen Ost und West, insbesondere hinsichtlich der Mentalität, deutlich aufgezeigt würden.
Stichwörter