Ian McEwan, George Orwell

Der Bauch des Wals

Zwei Essays über Kunst und Politik
Cover: Der Bauch des Wals
Diogenes Verlag, Zürich 2023
ISBN 9783257072631
Gebunden, 128 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

'Aus dem Englischen von Felix Gasbarra und Bernhard Robben. 1940, der Zweite Weltkrieg wütete in Europa, schrieb George Orwell den Essay 'Im Innern des Wals', in dem er die Freiheit des Künstlers, sich von den Problemen der Welt abzuwenden, verteidigte - obwohl er selbst ein eminent politischer Autor war. Auf diesen berühmten Essay antwortet Ian McEwan in seiner 'Orwell Memorial Lecture', die erstmals in Buchform erscheint, und bezieht Orwells Überlegungen auf unsere Gegenwart.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 31.01.2024

Zwei große englische Autoren aus unterschiedlichen Epochen in einem "imaginären Gespräch" zusammengebracht - Rezensent Harald Eggebrecht erscheint das eine hervorragende Idee zu sein, und nach der Lektüre dieser beiden Essays sieht er sich bestätigt. Ian McEwan kommentiert George Orwells Essay von 1940. Interessanterweise schrieb Orwell, dessen Werke dezidiert politisch ausgerichtet sind, darüber, dass Kunst nur von Bestand sei, wenn sie keiner ideologischen Agenda folge, erklärt der Rezensent. Im Gegenteil müsse sie alltägliche Momente einfangen und ein Autor ganz auf sich selbst konzentriert schreiben. Diese These vom Schreiben aus dem "Bauch des Wals" heraus, greift Ewan auf, so Eggebrecht. Und obwohl er einige Gegenargumente finde, stimme er Orwell letztendlich zu: Um Wirken zu können müsse sich Kunst "nach ihren jeweils eigenen Bedingungen entfalten". Ob der Rezensent zustimmt, erfahren wir nicht.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 01.11.2023

Wie Jona im Inneren des Wals umgeben von den "dicken, weichen Wänden des Walbauchs", so verstand George Orwell das Verhältnis der Kunst zur Gesellschaft, erklärt Rezensent Michael Eggers. Kunst sollte Orwell zufolge nicht politisch sein, sondern im Gegenteil völlig abgeschirmt und auf sich selbst bezogen, liest der Kritiker und ist überrascht, das gerade dieser Autor so eine These vertritt. Doch der kommentierende Essay von Ian McEwan gibt Aufschluss und löst den scheinbaren Widerspruch klug auf, so Eggers: Ein Roman wie "1984" zeichne sich gerade dadurch aus, dass er eine "plastische" Schilderung der fiktionalen Welt leiste, die gleichzeitig eine politische Botschaft transportiert (die aber nicht im Vordergrund steht). Wenn man sich nicht so sehr für englische Literaturgeschichte interessiert, wird man Orwells Ausführungen dazu wohl etwas zu detailliert finden, meint Eggers, aber sonst bietet der schmale Band eine "blitzgescheite Diskussion" über eine der "wichtigsten poetologischen" Fragen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.08.2023

Nicht nur George Orwells berühmtesten Roman 1984 kann man angesichts diverser Weltentwicklungen immer wieder lesen, meint Rezensentin Sylvia Staude, sondern auch seine Lobrede auf Henry Millers Literatur, die für den selbst politisch stets engagierten Orwell ihre Stärke gerade in ihrer Weltabgewandtheit hat. Diese wird nun gemeinsam mit einem Essay Ian McEwans wiederveröffentlicht, der eben diesen älteren Aufsatz reflektiert. Staude stellt eine Verbindung her zu aktuellen Diskursen über Zensurverlangen quer durchs politische Spektrum. Auch McEwan sorgt sich um den Liberalismus, lernen wir, und denkt außerdem über die Notwendigkeit einer literarischen Reflexion über den Klimawandel nach.