Linda Boström Knausgard

Oktoberkind

Roman
Cover: Oktoberkind
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2022
ISBN 9783895611247
Gebunden, 224 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Schwedischen von Ursel Allenstein. Wie es sich anfühlt, in einer Klinik aufzuwachen und der nächsten Elektroschockbehandlung entgegenzusehen - das ist selten Stoff für Literatur. Oktoberkind zeichnet den Weg einer Frau und Schriftstellerin nach, die an diesem Punkt um ihre Erinnerungen ringt. Die Therapie droht diese Erinnerungen, Triebfeder ihres Schreibens, auszulöschen. So bringt sie all ihren Mut auf, um sich alles zu vergegenwärtigen, die Kindheit in der Stadt, die Ehe mit einem berühmten Schrift- steller, das Leben auf dem Land, wo er aufblüht und sie verkümmert, die Geburt der vier Kinder, ihre eigene Arbeit als Schriftstellerin und welche Kraft sie darin findet. Unter den Bildern aus der Kindheit ist das vom Reiten im Ferienlager ein Lichtblick. Im wilden Galopp ist sie glücklich, aber bald muss sie wieder in die Stadt und in den Alltag zurück. In ihrem autobiografischen und zugleich hoch poetischen Roman dringt Linda Boström Knausgård vor zu den Ursachen für ihren Schmerz und ihr Scheitern, aber auch zu Momenten der Stärke und des Glücks.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.10.2022

Linda Boström Knausgård hat durch die Bücher ihres Ex-Mannes Karl Ove Knausgard bereits Bekanntschaft erfahren, die ihr nicht unbedingt recht ist. Er hat nicht nur sein, sondern auch ihr mitunter leidvolles Leben auf tausenden Seiten ausgebreitet. Boström Knausgård stellt sich diesem Bild nun mit "knochenharter Poesie" entgegen, meint Rezensent Franz Haas. Er sieht hier allerdings weniger eine Abrechnung mit dem Ex-Mann, sondern vor allem eine Anklage an die Psychiatrie, die Haupthandlungsort des Buches ist und in der die Autorin mit Elektroschocks gequält wird. Darüber hinaus sind Mutterschaft, Ehe, Familie, die Trennung der Eltern und die Suche nach Halt nur einige der Themen, die für Haas dieses minimalistisch-imposante Lebenspanorama ausmachen. Der Buchtitel entspringt übrigens den sowjetischen Pionieren, den Oktoberkindern, bei denen sich die junge Linda wenigstens im Träumen aufgehoben fühlt. In ihrer beklemmend schönen Sprache, traurig und beeindruckend zugleich, ist Boström Knausgård Karl Ove Knausgård mindestens ebenbürtig, so der Kritiker.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.08.2022

Rezensentin Johanna-Charlotte Horst liest Linda Boström Knausgards autobiografischen Roman als moderne Odysseus-Erzählung. Die Schriftstellerin erzählt hier von ihrem Leben, das bereits im Kindesalter durch eine bipolare Störung von Gefühlen der Verlorenheit geprägt war, liest Horst. Wie davon erzählt werde, vom Wunsch der Autorin, zu sich selbst und zu einem Zuhause zurückzukehren, und von den Folgen der brutalen Elektroschockbehandlung, der sie unterzogen wurde und die als angstbesetztes Element den gesamten Roman durchziehe, findet die Kritikerin hart zu lesen, aber auch packend und "dicht" geschrieben. Außerdem lobt sie, wie Boström durch ihre Erzählweise, in die sich verschiedene Zeitebenen und manchmal unvermittelt fantastische Züge mischen, die veränderte Wahrnehmung nach der Behandlung darstelle. Um das Ende der Ehe mit Karl Ove Knausgard gehe es bei Boström auch, aber keineswegs vordergründig, betont Horst - die jeweiligen Autobiografien der Ex-Eheleute können nebeneinander stehen, ohne sich gegenseitig korrigieren zu wollen, bemerkt die Kritikerin.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 29.07.2022

Hierzulande kennt man die schwedische Lyrikerin und Autorin Linda Boström Knausgard vor allem aus den Büchern ihres Ex-Mannes Karl Ove, weiß Rezensent Jörg Magenau. Sein begrenzter Blick auf sie ärgerte sie allerdings - nicht der einzige Grund für diesen autofikitionalen Roman, den der Kritiker auch als "Selbstermächtigung" liest. Boström Knausgard schreibt über ihre Depressionen, ihren Suizidversuch, den Aufenthalt in der Klinik, die sie "Fabrik" nennt und über die Elektroschocktherapie, resümiert Magenau. Aber es geht auch um die Erinnerungen an ihre Ehe, an das Aufwachsen bei einem alkoholsüchtigen Vater und einer berühmten Mutter, fährt der Kritiker fort, der staunt, wie gut die Autorin die verschiedenen Zeitebenen zusammenführt. Vor allem aber bewundert er die Präzision und Schlagkraft ihrer Sprache. Weniger "Raum" als ihr Mann braucht sie allemal, schließt er.