Günter Grass
Die Box. Dunkelkammergeschichten
Steidl Verlag, Göttingen 2008
Mit zehn Zeichnungen. Eigentlich ist es eine altmodische Kastenkamera, wie man sie früher Jugendlichen zum Geburtstag schenkte. Aber mit der Agfa-Box der alten Marie hat es etwas Besonderes auf sich: Seit sie in Berlin Krieg und Feuerstürme überdauert hat, blickt sie vorwärts und rückwärts. Genauer gesagt: Die mit ihr geknipsten Aufnahmen zeigen Zukünftiges und Vergangenes, zeigen bei einem Stapellauf den tragischen Untergang des Schiffes oder am Wohnzimmertisch eine Männerrunde aus uralten Zeiten. Lara entdeckt auf einem Schnappschuß das Pferd, das sie sich wünscht, Nana sieht sich mit Mutter und Vater, die getrennt leben, vereint auf dem Kettenkarussell durch die Lüfte sausen. "Mariechens Wünsch-dir-was-Box" sagen die Kinder. Marie ist Fotografin. Sie besitzt eine Leica, auch eine Hasselblad. Aber wenn der Schriftstellerfreund auf Motivsuche für seine Bücher "Knips mal, Mariechen" sagt, arbeitet sie nur mit der Box. So schreiben die Box und der Schriftsteller ihre wahren und ihre Dunkelkammergeschichten. Jahre später sitzen die acht Kinder, die nun erwachsen sind, zusammen und erinnern sich - achtstimmig, jedoch widersprüchlich, freundlich, kritisch und manchmal anklagend an den "Alten" und seine "starken" Frauen, ihre Mütter, an ihre von Marie und ihrer "Zauberbox" begleitete Kindheit.