Joachim Perels
Entsorgung der NS-Herrschaft. Konfliktllinien im Umgang mit dem Hitler-Regime
Offizin Verlag, Hannover 2004
Die Weigerung großer Teile der Bevölkerung einschließlich der Eliten, die nationalsozialistische Despotie zur Kenntnis zu nehmen, bildete die Signatur der Gründungsgeschichte der Bundesrepublik. Schon 1952 forderte Konrad Adenauer, »mit der Naziriecherei Schlußzu machen«. Perels wendet sich entschieden gegen die Bagatellisierung der Kontinuität der NS-Vergangenheit in der »Erfolgsgeschichte« der Bundesrepublik. Seine differenzierten Analysen der juristischen Aufarbeitung der außerordentlichen Verbrechen des Nazi-Regimes, der mobilen Tötungskommandos der SS, des Personals der Konzentrationslager, der Wehrmacht, der NS-Cerichte, des Anstaltsmordes, der Vernichtungspraxis in Auschwitz zeigen u.a., daß die Urteilspraxis den Geltungsanspruch des Tötungsverbotes, das zentrale Element der Zivilisation, häufig kaum gewahrt hatte und die Urteilsfindung »mitunter einer Verhöhnung der Opfer recht nahe kam« (Fritz Bauer). Er knüpft an eine Rechtstradition an, die gegen eine fessellose Staatsgewalt Front machte, wie sie oft nur von Außenseitern der Strafrechtslehre vertreten wurde. Perels Studien verbinden juristische und politikwissenschaftliche Methoden. Die problematischen rechtlichen Bewertungen der kriminellen Strukturen des Hitler-Regimes werden als Element des gesellschaftlichen Gesamtprozesses kenntlich gemacht. Das Buch schließt mit Portraits, unter anderem von Martin Niemöller, Wolfgang Abendroth und Eugen Kogon. Jahrelang unter den Nazis als Oppositionelle gefangengehalten, forderten sie nach 1945 die Erinnerung an die Wirklichkeit des Schreckens ein - ein Exempel für den angemessenen Umgang mit der Vergangenheit.