Geniale Gehirne. Zur Geschichte der Elitegehirnforschung

Wallstein Verlag, Göttingen 2004
Mit 79 zum Teil farbigen Abbildungen. Die Idee, dass Schädel und Gehirne außerordentlicher Persönlichkeiten besondere Eigenschaften aufweisen, reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück. Genie, Kriminalität und Geisteskrankheit - das war die Trias, deren anatomische, anthropologische und physiognomische Untersuchung eine Grundlage für die Kenntnis des Menschen bilden sollte. Was zunächst als kauzige Schädelbetrachtung begann, wurde alsbald zu einem ambitionierten wissenschaftlichen Programm ausgeweitet. Hagners Leitthese lautet, dass die Gehirne bedeutender Gelehrter, Wissenschaftler und Künstler nicht nur wissenschaftliche, sondern stets auch kulturelle Objekte gewesen sind. Im Umgang mit ihnen kommt immer wieder eine säkularisierte Praxis der Erinnerungskultur zum Ausdruck, die für das Verständnis der Mentalität bedeutender Persönlichkeiten in der Moderne von großer Bedeutung ist. Anhand zahlreicher, vielfach unbekannter Beispiele wird gezeigt, dass die Erforschung außerordentlicher Gehirne von der Kraniologie, Hirnwägung, Lokalisationslehre und Ausmessung der Hirnwindungen über die Cytoarchitektonik bis zum aktuellen Neuroimaging reicht. Dabei sind geniale Gehirne stets in besonderen historischen und wissenschaftlichen Konstellationen bedeutsam geworden: in der Genieverehrung um 1800, in den Debatten um die kulturelle und soziale Bedeutung der Naturwissenschaften nach der 1848er Revolutionszeit, in den Diskussionen um die Natur des Genies im Fin de Siecle, in der politisch hektischen Situation der späten Weimarer Republik und der ersten Jahre des Nationalsozialismus und schließlich in den Brave Neuro Worlds unserer Zeit. Dabei zeigt Hagner, dass die neurophilosophische Grundidee - eine Eins-zu-eins-Korrespondenz zwischen Gehirn- und geistigen Zuständen - für Gelehrte vor 200 Jahren bereits genauso faszinierend gewesen ist wie für Hirnforscher unserer Tage.

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