Yasmina Reza

Im Schlitten Arthur Schopenhauers

Cover: Im Schlitten Arthur Schopenhauers
Carl Hanser Verlag, München 2006
ISBN 9783446207202
Broschiert, 72 Seiten, 12,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Frank Heibert, Frank und Hinrich Schmidt-Henkel. Vier Personen, vier sich kreuzende Stimmen, viermal Leben. Ariel Chipmen, der Philosoph, hat sich von Spinoza abgewandt, weil dessen Philosophie ihm persönlich nicht helfen kann. Nadine Chipmen, seiner Frau, wird durch die Depression ihres Mannes der Alltag vergällt, und Serge Orthon Weil, Ariels früherer Kollege, meint, dass das Leben ohnehin keinen Sinn habe. Und dann verliert auch noch die Psychiaterin die Nerven.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.08.2006

Im Gegensatz zu dem, was der Titel andeutet, erzählt Yasmina Reza in ihrem kurzen, aber "kunstvollen" Roman keine philosophische Geschichte, sondern die Zerstörung eines Paares, das die Depression eines Partners nicht überwinden kann, erklärt Jens-Christian Rabe. In acht "sorgfältigen komponierten" Monologen äußern sich jeweils Ariel, der vom Beruf Philosoph ist und Nadine, die wie eine Psychiaterin sein sie provozierendes Verhalten zu analysieren versucht. Rabe erkennt in dieser Reihung von Monologen die Dramatikerin Yasmina Reza, die vor ihren Prosastücken vor allem als Theaterautorin bekannt war. Die Art der Darstellung lasse zudem schon "rein formal" deutlich werden, dass die beiden Protagonisten von der ersten Seite an nicht miteinander, sondern "aneinander vorbeireden". Über die "düstere" Schilderung des Zerbrechens einer Beziehung hinaus unternehme Reza in ihrer dritten Prosaarbeit zudem eine treffende Autopsie des höheren Bürgertums.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.07.2006

Joseph Hanimann ist überzeugt von der Wirkung dieser Prosa. "Brillant" findet Hanimann Yasmina Reza vor allem wegen ihrer Fähigkeit, die Form ihrer Texte ihren Themen maßgerecht anzupassen. So erscheinen ihm die vorliegenden acht Dialoge geeignet, das Aneinandervorbeireden eines Paares, sein Hin- und Hergerissensein zwischen Glück und Unglück und einer gewissen ballastartigen Bildung abzubilden als eine "Verzweiflungsfuge von unwiderstehlicher Komik". Das ist gut gemacht und gut übersetzt, findet Hanimann. Warnen will er uns allerdings vor dem hypothetischen Charakter des Buches: Wo Handeln, wie hier, Sprechen ist und alles in funkelnden Assoziationen aufgeht, ist kein Platz für "sperrige Lebensrealität".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.03.2006

Einen "vierstimmigen Kammerchor" legt Yasmina Reza mit den acht Monologen dieses Bandes vor, schreibt Martin Krumbholz. Stilistisch hat ihn das Werk an die preisgekrönten Theaterstücke der Autorin erinnert, auch wenn sie hier konsequent auf Dialoge verzichte. Hauptpersonen des Buches sind das Spinoza-Forscher-Ehepaar Chipman, das sich nicht mehr so recht mag, der Zweckoptimist Serge Othon Weil und eine Psychiaterin. Diese Figuren bewegen sich in ihren Monologen zwischen Optimismus und Schopenhauer'scher pessimistischer Verdüsterung. Was der Rezensent allerdings vermisst hat in dem "eloquenten Prosastück" ist eine "strukturelle Pointe" - aus lauter Verlegenheit wollte er schon ein paar Einkaufstüten, die der Psychiaterin den Gehsteig versperren, als "Existenz-Gepäck" deuten, das uns allen so schwer auf den Schultern - oder eben vor den Füßen liege. Da es aber keinerlei Anzeichen für eine zweite Ebene gibt, kommt Krumbholz am Ende zu der wenig schmeichelhaften Schlussfolgerung, bei dem Werk könnte es sich vielleicht nur um ein "leichtsinniges Prosaprojekt" handeln.

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