Pavlos Matessis

Die Tochter der Hündin

Roman
Cover: Die Tochter der Hündin
Carl Hanser Verlag, München - Wien 2001
ISBN 9783446200531
Gebunden, 271 Seiten, 20,35 EUR

Klappentext

Aus dem Griechischen von Birgit Hildebrand. Griechenland zur Zeit der deutschen Besatzung: Der Vater ist im Krieg in Albanien verschollen, die Mutter bleibt mit drei Kindern zurück, die sie kaum vor dem Hungertod retten kann. Bis sie eines Tages mit einem italienischen Offizier ein Verhältnis beginnt, damit er ihr Geld und Essen gibt. Dass sie deswegen als "Besatzerhure" beschimpft und öffentlich gedemütigt wird, läßt sie verstummen, so daß nun die Tochter ihre Geschichte erzählt...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.04.2002

In dem bereits 1996 in Athen erschienenen und sehr erfolgreichen Roman verleiht der 68-jährige Autor Pavlos Matessis einer Frau eine Stimme, um über das Leben in einem griechischen Provinzstädtchen im Zweiten Weltkrieg zu berichten, informiert Barbara von Becker. Dass es dabei hauptsächlich um den schwierigen und häufig leidvollen Alltag von Frauen zu dieser Zeit geht, versteht sich von selbst. Der Rezensentin gefällt, dass es dem Autor gelingt, seine Erzählerin ohne Zorn auf diese Zeit zurückblicken zu lassen. Die anrührenden Versuche, sich und die Kinder durch diese schwere Zeit zu bringen, werden in der Übersetzung von Birgit Hildebrand ohne Pathos erzählt, lobt von Becker. Es handele sich vielmehr um "wüste wie schwankhafte Anekdoten" einer über sechzigjährigen Hauptstädterin, die häufig ungegliedert und mit zahlreichen Details ausgeschmückt auf ihre Kindheit in der Provinz zurückblickt und so ein Stück Geschichte erlebbar zu machen scheint.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.10.2001

Der griechische Schriftsteller Pavlos Matessis hat seinen Roman über das kärgliche Leben eines Krüppels und zweier Frauen in einer Vorortwüste bei Athen angesiedelt, in dem Städtchen Epalxis, wo viel unverarbeitete Vergangenheit aus dem Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit lagert, berichtet Hans-Peter Kunisch. Der Roman wurde in der "Quinzaine Litteraire" bereits wegen der direkten und barocken Sprache mit Filmen von Fellini und Scola verglichen. Der Streifzug des Autors durch die Tabuzonen Griechenlands ist dem Rezensenten zur interessanten Lektüre geraten. Und doch hat er zwei Schwachstellen entdeckt. In dem "modernen Nationalepos" werden die Bösen zwar beschrieben, aber nicht benannt, so dass sich niemand wirklich angesprochen fühlen müsse, kritisiert Kunisch. Der vorsichtige Umgang mit der historischen Last habe sich außerdem in der Sprache niedergeschlagen. In der Nachkriegszeit angekommen, lockere sich auf einmal Matessis Sprache, werde weniger gewichtig und debattenreich, dafür aber technisch besser. Groteske und starke Bilder kämen zum Tragen. Schenkt man der Übersetzung Glauben, dann hat sich der Autor, so Kunisch, auf einmal frei geschrieben.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.10.2001

Nicht gerade für ein weltbewegendes Meisterwerk hält Andreas Breitenstein den bereits 1996 in Griechenland erschienen Roman, aber doch für eine Lektüre "mit bleibendem Gewinn". Feine Nuancierung. Der Roman, als Parabel über Krieg und Nationalismus, Wahn und schäbige Wirklichkeit angelegt, so Breitenstein, handelt die Kriegs- und Nachkriegszeit in Griechenland ab: die deutsch-italienische Besatzung, den Bürgerkrieg, den Sieg der Rechten bis hin zur Militärjunta. Hauptfigur ist eine Frau, die retrospektiv ihr Leben schildert: wie ihre Mutter als Kollaborateurin öffentlich geächtet wurde, vom desertierten Vater, der fälschlicherweise als Kriegsheld gefeiert wird, vom eigenen miesen Leben, das statt Schauspielerkarriere nur die Statisterei bei einer Wandertruppe beschert. Das Buch lebt laut Breitenstein von einer feinen Ironie, die all diese menschlichen Dramen erträglich macht, leide jedoch zuweilen unter der Neigung des Autors zur Überdeutlichkeit.

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