Nathan Hill

Geister

Roman
Cover: Geister
Piper Verlag, München 2016
ISBN 9783492057370
Gebunden, 864 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Werner Löcher-Lawrence und Katrin Behringer. Ein Anruf der Anwaltskanzlei Rogers & Rogers verändert schlagartig das Leben des Literaturprofessors Samuel Anderson. Er, der als kleines Kind von seiner Mutter verlassen wurde, soll nun für sie bürgen: Nach ihrem tätlichen Angriff auf einen republikanischen Präsidentschaftskandidaten verlangt man von ihm, die Integrität einer Frau zu bezeugen, die er seit mehr als zwanzig Jahren nicht gesehen hat. Ein Gedanke, der ihm zunächst völlig abwegig erscheint. Doch Samuel will auch endlich begreifen, was damals wirklich geschehen ist.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.02.2017

Dem inzwischen oft angestellten Vergleich mit John Irving und Charles Dickens kann Nathan Hill lediglich in der Kategorie Seitenzahl standhalten, meint der enttäuschte Rezensent Jan Wilm. Sein Grundproblem, analysiert Wilm, liegt im Versuch, die aktuellen sozialen Zustände in den USA und ihre politischen und persönlichen Wurzeln realistisch und zugleich parodistisch abzubilden, denn der Realismus fordere ein gewisses Maß an Schlüssigkeit, das allerdings komplexe gesellschaftliche, familiäre und politische Verhältnisse nur durch Vereinfachung, im schlimmeren Fall wie dem vorliegenden, Banalisierung erzählbar macht. Wenn am Ende die leid- und schuldbesetzten Beziehungen zwischen dem Protagonisten, seiner Mutter und deren Vater breit ausgewalzt, alle Handlungsfäden zusammengezwungen und alle Wunden "auf wohlfeile Weise einbalsamiert" wurden, bleibt leider nicht viel, erkennt der Rezensent, nämlich "Nix".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.12.2016

Rezensent Ulrich Baron ist beeindruckt von Nathan Hills umfangreichem Debütroman. Die titelgebenden Geister, die das Buch beschreibt, wird er nicht so schnell los, erklärt er. Das liegt an Hills Fähigkeit, die Widersprüche in der amerikanischen Gesellschaft gleich in einer ganzen Reihe epischer Spannungsbögen und Zeitebenen zu packen, die vom Provinzdasein in den USA der 60er über die Hippiebewegung bis zu Occupy einen Vertikalschnitt durch die Entwicklung der US-Gesellschaft legen, wie Baron staunend feststellt. Über den Protagonisten, laut Baron ein liebenswerter Computerspiel-Nerd, rührt der Autor sogar an das magische Denken und schafft es mit Bezügen zur Präsidentschaftswahl außerdem, seinem Text Aktualität zu verleihen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 01.12.2016

Marie Schmidt ist untröstlich: Wie kann dieser grandiose, nahezu "prophetische" Roman nur in einer derart miserablen deutschen Übersetzung veröffentlicht werden, klagt die Rezensentin und listet eine ganze Reihe von Fehlern auf. So kann die Kritikerin nur zur Lektüre des Originals raten, denn Nathan Hills Debüt "Geister" überzeugt auf ganzer Linie: Die Geschichte um einen Sohn, der seine Mutter erst nach 23 Jahren als Attentäterin eines republikanischen Präsidentschaftskandidaten wiedererkennt, ist nicht nur facettenreich und voller satirischer Schärfe, sondern vermag auch empathisch zu schildern, wie ein demokratisches Miteinander der verschiedensten Gruppierungen möglich sein kann. Nicht zuletzt bewundert Schmidt Hills Vermögen, verschiedene Zeitebenen geschickt miteinander zu verweben und ein vielschichtiges Figurenensemble zu schaffen. Dieser Autor braucht den Vergleich mit John Irving und David Foster Wallace nicht zu scheuen, versichert die Kritikerin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.10.2016

Harald Jähner ist von Nathan Hills Erstlingswerk geradezu begeistert. In "Geister" erzählt der 38-jährige Hill von dem jungen Literaturprofessor Samuel Anderson, der in der Nähe von Chicago unterrichtet und ein leidenschaftlicher Fan des Online-Rollenspiels World of Elfscape ist. Zwanzig Jahre nachdem seine Hippie-Mutter ihn verlassen hat, kehrt sie als prominente Polit-Aktivistin wieder in seinem Leben zurück. Für seinen Verlag soll er ihre Geschichte schreiben. Schon nach dem ersten Satz weiß Jähner, dass Hill ein großer Erzähler ist, der bereits und in Jähners Augen zurecht in einem Atemzug mit John Irving oder Donna Tartt genannt wurde. Sein Debüt "Geister" fesselt und berührt den Rezensenten gleichermaßen als Coming-of-Age-Geschichte, Campus-Roman, Liebesdrama und durchdachte Medienkritik.