Kate Atkinson

Die vierte Schwester

Roman
Cover: Die vierte Schwester
Droemer Knaur Verlag, München 2005
ISBN 9783426195505
Gebunden, 400 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Anette Grube. Die Schwestern Sylvia, Amelia und Julia sind wilde Teenager, die ihre Mutter permanent überfordern. Deren Sonnenschein ist die von allen innig geliebte kleine Olivia. In einer heißen Sommernacht verschwindet die Kleine spurlos. Dreißig Jahre später taucht Olivias Lieblingsspielzeug auf. Was ist damals passiert? Die Schwestern betrauen den Privatdetektiv Jackson mit dem Fall. Nach und nach lernt Jackson die drei Schwestern näher kennen und sieht, dass das Verschwinden Olivias das Drama ihres Lebens ist. All ihre Träume und Sehnsüchte haben sich verflüchtigt, die kleine Schwester dagegen ist ständig anwesend. Jackson kennt dieses Gefühl. Auch er hat seine Schwester plötzlich verloren. Obwohl er nicht glaubt, dass er den Fall lösen kann, trägt er pflichtbewusst seine Ermittlungsergebnisse zusammen und entdeckt durch einen Zufall den Schlüssel zu dem tragischen Verlust der drei Schwestern.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.06.2005

Thomas David preist das Buch der britischen Autorin Kate Atkinson als "spannenden Roman" an, der, obwohl dessen Protagonist, der Privatdetektiv Jackson, darin sowohl nach einem Mörder als auch nach einem vor 34 Jahren verschwundenen Kind suchen soll, dennoch kein Kriminalroman sei. Es geht um drei "Familientragödien", die alle im Büro Jacksons zusammenlaufen, und es sind die "zahlreichen Schreckbilder" der modernen Familie, die die Lektüre zu einem "zwiespältigen", weil grausigen "Vergnügen" machen, erklärt David. Die Einleitung, in denen drei scheinbar zusammenhangslose Szenen detailliert und dennoch "skizzenhaft" erzählt werden, machen den Einstieg etwas mühsam, räumt der Rezensent ein, der aber gleich darauf betont, wie gut es Atkinson im weiteren Verlauf gelingt, den Roman auszutarieren. Die "vierte Schwester" ist nach zwei weniger überzeugenden Romanen das "gelungenste Buch" der britischen Autorin seit ihrem Debüt, lobt David, der insbesondere von dem komplexen Aufbau der aus mehreren Perspektiven und nicht chronologisch erzählten Handlung beeindruckt ist. Merkwürdigerweise ist es dann aber gerade die "spielerische Kompliziertheit" des Romanaufbaus, die das Buch allenfalls als "außergewöhnlichen Unterhaltungsroman" erscheinen lassen, wie er findet. Zu perfide und schwarz sei die "überinszenierte" Geschichte zudem dargestellt, als dass man in dem Roman etwas anderes erblicken könnte als die "Kehrseite" gängiger "Glücksliteratur", so der Rezensent, der die Lektüre wohl dennoch und offensichtlich genossen hat.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.05.2005

"Falsches Leben, falsche Männer, falsche Träume" - Kate Atkinsons Charakterisierung ihrer vornehmlich weiblichen Figuren hat Rezensent Maik Söhler nach der Lektüre des vorliegenden Romans noch etwas hinzusetzen, nämlich "falsche Frauen". Denn die Geschichte um den Privatdetektiv Jackson Brodie, der von drei Schwestern beauftragt wird, die Spur ihrer vor 30 Jahren verschwundenen Schwester Olivia aufzunehmen, führt den Leser in eine für Atkinson sehr typische Welt geschundener und antriebsloser Existenzen, deren Identität alles andere als sicher ist, erzählt Söhler. Irgendwie, so der Rezensent weiter, ist alles um Brodie herum gewalttätig und blutig, und die Welt, die sich in diesem Roman eröffnet, erscheint gut und gerne als eine der hässlichsten aller möglichen Welten. Kein bisschen frischer Wind rege sich - weder im Allgemeinen noch im Fall Olivia. Keiner der damals ermittelnden Beamten lebe mehr, es gebe keine neuen Spuren, und somit könne Brodie lediglich hoffen, aus "Gesprächen mit den noch lebenden Psychowracks", bei denen Vergessen und Verschweigen Hand in Hand gehen, Erkenntnisse zu gewinnen. Dem Rezensenten hat dieses gruselige Ambiente sehr gut gefallen, weniger jedoch, dass auch Brodie eine entsprechende Vorgeschichte vorzuweisen hat - die Ermordung seiner geliebten Schwester. Dies wirke nicht nur konstruiert, sondern auch insofern kitschig, als der Mord den Ausgang aus einer heilen Welt bedeute - eine heile Welt, die inmitten der grauen Gruseligkeit nichts verloren habe.
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