Johannes Roskothen

Verkehr

Zu einer poetischen Theorie der Moderne. Habil
Cover: Verkehr
Wilhelm Fink Verlag, München 2003
ISBN 9783770537730
Kartoniert, 345 Seiten, 40,90 EUR

Klappentext

Baudelaire hatte die zivilisatorische und ästhetische Moderne als flüchtig, transitorisch und kontingent charakterisiert. Alle drei Merkmale verdichten sich im Vorstellungsbild "Verkehr", das mithin eine zentrale Wahrnehmungsfigur der Moderne darstellt. Ebenso wie die neuen Formen der Massenunterhaltung und der Reklame ist die Dynamik auf dem Straßenpflaster unwesentlich, aber gerade die unwesentlichen Teile der Lebens-welt bauen den Menschen um, dezentrieren die alteuropäischen "Ideokratien" (Musil) und revolutionieren die Künste. In zahlreichen Texten der Avantgarden repräsentiert der Straßenverkehr umfassende topographische, soziale und psychische Delokalisierung. Feierte der Futurismus den kinetischen Rausch elitärer Piloten und Chauffeure, so bieten neusachliche Romane Ansichten einer demokratisierten Teilhabe an den turbulenten Zirkulationssystemen der Metropolen; das massenhafte Verkehrstreiben auf dem Asphalt gerinnt um 1930 zu Bildern eines leerlaufenden, sich selbst genügenden Kreisverkehrs.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.01.2004

Helmuth Kiesel hat die Düsseldorfer Habilitationsschrift von Johannes Roskothen "mit manchem Gewinn, aber auch mit manchem Unbehagen" gelesen. So zählt zu dem Gewinn für Kiesel etwa, dass man "Joyce, Dos Passos, und Döblin nach der Lektüre" wieder "mit einem neuen oder wenigsten neu geschärften Blick" lese. Andererseits befürchtet der Rezensent, dass es "für diese Art Wissenschaft symptomatisch ist", wenn - wie er es an das dieser "ansonsten vielfach anregenden Studie" beobachtet hat - "Forschungsdefizite" und "Deutungsüberschüsse" zusammen wirken und "die Solidität" der Resultate untergraben werde. Mit "dieser Art Wissenschaft" bezieht der Rezensent sich auf das kulturwissenschaftliche und kulturanthropologische Erkenntnisinteresse von Roskothen. So gehöre zu den zentralen Thesen des Buches, dass die technisch bedingten Veränderungen des Verkehrs zu Beginn des 20. Jahrhunderts nachdrücklicher zum Übergang zu einer "pragmatischen, funktional handelnden Gesellschaft" beigetragen haben als die Veränderungen in der politischen Sphäre. Man würde gerne einstimmen, wendet der Rezensent ein, wenn diese Veränderungen den 30. Januar 1933 überstanden hätten.
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