David I. Kertzer

Die Päpste gegen die Juden

Der Vatikan und die Entstehung des modernen Antisemitismus
Cover: Die Päpste gegen die Juden
Propyläen Verlag, Berlin/München 2001
ISBN 9783549071472
Gebunden, 447 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Anhand gerade erst zugänglicher Quellen aus dem Geheimarchiv des Vatikans zeigt der Historiker David Kertzer, in welch hohem Maß der Vatikan und seine Päpste seit der Französischen Revolution in die Entstehung des modernen Antisemitismus verwickelt, ja eine der Haupttriebkräfte der Dämonisierung der Juden waren. Der heftig umstrittene Papst Pius XII. stand nur am Ende einer langen Tradition.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.11.2001

Am bemerkenswertesten erscheint dem Rezensenten Hansjakob Stehle, dass der amerikanische Historiker in seinem Buch über den Vatikan und seine Rolle bei der Entstehung des modernen Antisemitismus' in seinem Urteil nicht gnadenlos wird. Kertzer geht es in seiner Studie nicht allein um das Schweigen Pius XII. zum Holocaust, sondern um die Rolle, die dessen Vorgänger vom Ende des 18. bis Anfang des 20. Jahrhunderts bei der "Enthumanisierung der Juden" spielten. "Dabei erweist sich", wie Stehle die zentrale These des Buches zusammenfasst, "wie irreführend es ist, den traditionellen, religiös wie politisch motivierten Antijudaismus vom modernen radikal-rassistischen Antisemitismus abzugrenzen - eine Unterscheidung, an der auch noch jene vatikanische Reflexion 'Über die Shoa' festhielt, die 1998 das kirchliche Reuebekenntnis des heutigen Papstes begleitete." Mit einer "Fülle von Fakten" beschreibt Kertzers Buch laut Stehle die Geschichte "einer haarspalterisch-heuchlerischen Verkrampfung", die versucht, einen "bösen" Antisemitismus, an dessen Pogromen die Juden auch selbst schuld seien, vom "gesunden" zu unterschieden, nach dem die Bekämpfung des Judaismus' nicht die Bekämpfung der Juden bedeute.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.10.2001

Der Historiker David I. Kertzer hat bei seinen Forschungen zum katholischen Antijudaismus neben der katholischen Presse vor allem neues Material aus den 1998 zugänglich gemachten Archiven der "römischen Inquisition" ausgewertet - und die Ergebnisse sind, nach Ansicht von Gustav Seibt, "schockierend und müssen Epoche machen". Klar kann Kertzer, so Seibt, die Parallelen zwischen religiösem Antijudaismus und der Entstehung eines rassischen Antisemitismus aufzeigen. Nicht nur hat der Vatikan jahrzehntelang das schlimme Gerücht vom jüdischen Ritualmord an Kindern eifrig verbreitet, "die Nähe der Kirche" zu "antisemitischen Strömungen" kann Kertzer, wie Seibt betont, für alle wichtigen katholischen Nationen belegen. Die katholischen Presse hat sich ohne Scham an der antisemitischen Hetze beteiligt. Das Beweismaterial sei "erdrückend", "unwiderleglich" mache das Buch klar, wie nahe sich Antijudaismus und Antisemitismus auch ideologisch gekommen sind. Nur in einem Punkt widerspricht Seibt deutlich: der "logische" Unterschied zwischen antijudaistischem Bekehrungswunsch und antisemitischer Ausmerzungswut wird auch durch die Aufdeckung katholischer Schändlichkeiten nicht verwischt.
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