Charles Fernyhough

Der Auktionator

Roman
Cover: Der Auktionator
Luchterhand Literaturverlag, München 2001
ISBN 9783630870847
Gebunden, 480 Seiten, 24,54 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Rudolf Hermstein. Finn Causley sammelt den Krempel anderer Leute, lagert ihn in einer riesigen viktorianischen Fabrik im Herzen Englands ein und versteigert die nicht abgeholten Sachen, indem er ihnen redegewandt Geschichten andichtet. Wenn er jedoch Dinge betrachtet, die mit seiner eigenen Vergangenheit zu tun haben, kommen immer wieder dieselben Erinnerungen hoch: die kleine Porzellanfigur, die im Auto seiner Mutter gefunden wurde, als sie einen tödlichen Unfall hatte; der Stein, den er mit seiner Frau am Strand entdeckte, der Frau, die er jahrelang betrog, weil er von einer anderen träumte; die Baseballkappe, die eine von den zehn Mitbewohnern der Fabrik - Freunde und Globetrotter allesamt, und gefährlichen Substanzen nicht abgeneigt - in den Händen hielt, als man sie fand...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.08.2001

Sehr ambivalent ist Tilman Urbachs Haltung gegenüber dem Debütroman von Charles Fernyhough, in dem es neben der Schilderung eines "Post-Hippie-Daseins" in Sidney um "uralte" Fragen von Erkennen und Erinnerung, von Woher und Wohin gehe. In der Geschichte des Protagonisten Finn, der mit anderen angestrengt Unkonventionellen in einer ehemaligen Fabrik wohnt, entdeckt der Rezensent zwar einen Entwicklungsroman. Andererseits sei der Roman dies aber in seiner episodischen Konstruktion wiederum auch nicht. Die Erzähllust Fernyhoughs, dem wunderbare "Beschreibungen einer assoziativ zerfasernden Welt" glückten, erweise sich hierin als Schwäche. Der Autor belichte und bebildere die einzelnen Episoden immer wieder neu, verzögere und verlangsame so die Handlung. Am Ende bringe ihn die mühsam aufrechterhaltene Konstruktion gar in Begründungsnotstände, schreibt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.04.2001

Der Soundtrack von Genesis färbt auf die Erzählatmosphäre des "Auktionators" ab, findet Friedhelm Rathjen, der den Roman "versponnen, gewitzt, klar im Ton und rätselhaft in der Botschaft" charakterisiert. Der Held dieses Buches, Finn Causley, muß sich mit traumatischen Erlebnissen der Kindheit und der Gegenwart auseinandersetzen. Wohl am einschneidensten ist die Marienkrankheit seiner Frau Hen und anderer Menschen seiner Umgebung, die sich durch totale geistige Absenz äußert und die der Rezensent als Fernyhoughs Version der "ultimativen Zivilisationskrankheit" bezeichnet. Die Betroffenen haben das "eingefrorene Dauerlächeln der Glückseligkeit im Gesicht" und sind zu kaum noch etwas fähig. Finn, so der Rezensent, sammelt ihre Hinterlassenschaften und versteigert sie schließlich. Die Dinge, erklärt Rathjen, haben keine Geschichte mehr, sobald das Gedächtnis des Besitzers versagt, aber Finn dichte ihnen im Verkaufskatalog eine neue an. Rathjen lobt den "Auktionator" als eine wunderbare Leistung, weil es dem Autor gelinge, mit der "Auffächerung der Welt zu isolierten Dingen, Zeiten, Orten" ein Bild der "allgegenwärtigen Desorientierung" zu zeichnen.
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